Geschlechterunterschiede in der Neigung zu bestimmten Fähigkeiten im sprachlichen und im mathematischen Bereich

Eine interessante Studie:

Sex differences in cognitive ability level and cognitive ability pattern or tilt (e.g., math > verbal) have been linked to educational and occupational outcomes in STEM and other fields. The present study examines cognitive ability tilt across the last 35 years in 2,053,265 academically talented students in the U.S. (SAT, ACT, EXPLORE) and 7119 students in India (ASSET) who were in the top 5% of cognitive ability, populations that largely feed high level STEM and other occupations. Across all measures and samples, sex differences in ability tilt were uncovered, favoring males for math > verbal and favoring females for verbal > math. As ability tilt increased, sex differences in ability tilt appeared to increase. Additionally, sex differences in tilt increased as ability selectivity increased. Broadly, sex differences in ability tilt remained fairly stable over time, were consistent across most measures, and replicated across the U.S. and India. Such trends should be carefully monitored given their potential to impact future workforce trends.

Quelle: Sex differences in ability tilt in the right tail of cognitive abilities: A 35-year examination

Es geht also darum, inwieweit eine Person, die gut in Mathe ist eher nicht so gut in Sprachlichen Fähigkeiten ist und umgekehrt und um die Frage, inwieweit dabei ein Geschlechterunterschied vorkommt.

Die Fragestellungen noch einmal aus der Studie:

RQ1 : Are there sex differences in ability tilt in the right tail of cognitive abilities?
RQ2 : Do sex differences increase as ability tilt increases (distance between math and verbal scores increases)?
RQ3 : Do sex differences in ability tilt increase as ability selectivity
increases (top 5%, top 1%, top 0.01% of academic ability)?
RQ4 : Have sex differences in ability tilt changed over time?
RQ5 : Do sex differences in ability tilt vary as a function of measure and
cultural context?

Und noch einmal aus dem Abstract übersetzt:

Bei allen Messungen und Stichproben wurden geschlechtsspezifische Unterschiede in der Fähigkeitsneigung festgestellt, und zwar zugunsten der Männer für Mathematik > Sprache und zugunsten der Frauen für Sprache > Mathematik. Mit zunehmender Fähigkeitsneigung schienen auch die Geschlechtsunterschiede in der Fähigkeitsneigung zuzunehmen. Außerdem nahmen die Geschlechtsunterschiede in der Neigung zu, wenn die Fähigkeitsselektivität zunahm. Im Großen und Ganzen blieben die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Neigung zu bestimmten Fähigkeiten im Laufe der Zeit ziemlich stabil, waren bei den meisten Messungen konsistent und wiederholten sich in den USA und Indien.

Also:

  • bei denen, die besonders gut in Mathe sind wurde die Lücke zu ihren Fähigkeiten im Sprachlichen Bereich größer und gleichzeitig waren dort mehr Männer vorhanden
  • Bei denen die besonders gut im Bereich Sprache war zeigte sich das gleiche Bild und es waren mehr Frauen vorhanden.

Hier einmal eine grafische Darstellung der Ergebnisse:

Das oberste Feld ist die Verschiebung in den besten 0,01% beim SAT, da sieht man deutlich, dass sehr viele Männer ganz erhebliche Unterschiede in ihren Fähigkeiten haben, sie sind insbesondere  in dem Bereich Mathe deutlich besser als im Bereich Sprache, bei den Frauen ist es weniger ausgeprägt, interessanterweise haben dort die Frauen auch bessere mathematische Fähigkeiten, was einmal hierzu passt, aber vielleicht auch am Test liegt.

Es macht auch mal wieder deutlich, wie sich die kurven im Spitzenbereich verschieben und das wiederum bewirkt eben auch, dass gerade in Bereichen mit besonders hohen Anforderungen in einem Bereich Geschlechterungleichheiten auftreten.

Noch eine Grafik nach dem ACT Tests:

Hier ist es sogar noch deutlicher, der Test zeigt im Spitzenbereich der 0,01% deutlich bessere Eigenschaften bei den Frauen im verbalen Bereich und deutlich bessere Eigenschaften bei den Männern im mathematischen Bereich.

Die weiteren zwei Auswertungen haben ähnliche Ergebnisse:

Das die Ergebnisse über die verschiedenen Tests stabil bleiben spricht dafür, dass diese auch tatsächlich bestehen und nicht ein Artefakt eines Tests sind.

Aus dem Schlußwort:

Overall, we found that ability tilt did not change broadly. Prior research shows that within general population samples and right tail ability samples more math ability and math > verbal ability tilt in adolescence is related to the earning of STEM PhDs, STEM publications, STEM patents, and ending up in a STEM occupation many years later and more verbal ability and verbal > math ability tilt in adolescence is related to the earning of verbal and humanities outcomes many years later. Our findings in this study confirm adolescent sex differences in ability tilt in the right tail broadly. Such male-female ability tilt differences should therefore be taken into consideration when examining the underrepresentation of women in math or STEM careers and men in verbal or humanities careers. When combined with research on sex differences in interests (Su et al., 2009), these ability tilt patterns may become more relevant. Such trends should be monitored in the future.

Die Studie Su et al 2009 hatte ich hier besprochen

vgl auch:

6 Gedanken zu “Geschlechterunterschiede in der Neigung zu bestimmten Fähigkeiten im sprachlichen und im mathematischen Bereich

  1. Ah, das stützt meine Auffassung zur Geschlechterdisposition:

    Frauen machen etwas mit Menschen (per Sprache), damit Männer etwas mit Dingen (STEM, Mathe etc.) für Frauen machen.

    Das ist das Grundprinzip und wird durch die geschlechtlichen Neigungen immer bestätigt. Kann man überall beobachten.

    Früher war das auch ein Konsens, denn Männer haben mit Dingen auch etwas für ihren eigenen Nachwuchs gemacht und nicht nur für die Frauen.
    Seit aber der Nachwuchs zunehmend Männern entzogen ist, machen Männer etwas mit Dingen letztlich nur noch für Frauen (und indirekt für _deren_ Kinder).

    So kommt es zum neuartigen Femofeudalismus.

  2. Mathematik ist eine Sprache. Eine formale Sprache.

    Man sollte keinen unüberbrückbaren Gegensatz zwischen natürlichen und formalen Sprachen aufziehen.
    Sprachliche und mathematische Fähigkeiten schließen einander doch nicht aus.
    Es existiert z.B. eine signifikante Korrelation zwischen Schulnoten in Mathematik und Latein. Wer in Latein gut ist, ist in Mathematik auch gut (zumindest nicht schlecht). Umgekehrt ist der Zusammenhang weniger stark ausgeprägt. Wenn jemand in Mathematik gut ist, aber in Latein schlecht, so liegt es i.A. am mangelnden Wortschatz, nicht an der Umsetzung der syntaktischen Struktur.

    • „Sprachliche und mathematische Fähigkeiten schließen einander doch nicht aus.“

      Bei Frauen anscheinend nicht. Bei Männern anscheinend schon, sie sind meist eher nur in einem der Bereiche gut.
      Latein lernt man ja auch als tote Sprache, was etwas anderes ist. Und natürlich kann jeder eine Sprache lernen.

  3. Wäre mal interessant zu wissen, wie in diesem Zusammenhang der „verbal score“ ermittelt wird. So richtig klar ist mir bei diesen Untersuchungen selten, was konkret als „sprachliche Fähigkeiten“ gilt. Rechtschreibung, Grammatik, Fremdsprachen? Oder eher künstlerisches Schreibtalent, Ausdrucksfähigkeit u.ä.? Vermutlich beides, wenn es schlicht um die Zensuren in den betreffenden Schulfächern bzw. Aufgaben aus dem Bereich dieser Fächer geht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es da auch erhebliche Differenzen zwischen den Untergruppen der Aufgaben gibt. Ein gutes Beispiel ist wohl das angesprochene Latein. Eine tote Sprache mit komplizierten, aber weitgehend „logischen“ Regeln – ich vermute, da sind Jungs nicht schlechter als Mädchen.

    • Hier sind zB eine paar Aufgaben dargestellt aus dem SAT
      https://blog.prepscholar.com/what-is-sat-verbal

      #5: State the Function of a Phrase or Sentence in the Passage
      These questions ask you to identify what effect a phrase or sentence has in the passage.

      Sample Question
      In lines 7, the author refers to his “scared smile” primarily to

      imply that Gerald had no feelings towards Ophelia.
      suggest that Gerald is excessively concerned about appearances.
      illustrate some of the exaggerated claims made Gerald’s uncle.
      emphasize the Gerald’s cowardice.

  4. Pingback: Schulforscherin Bettina Hannover zu Jungs und Mädchen in der Schule | Alles Evolution

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