Ein Ermittler eines internationalen Forensik-Teams trägt eine Weste mit der Aufschrift "War Crimes Prosecutor" ("Ankläger für Kriegsverbrechen"). (Aufnahme vom 11. April 2022)

Russische Kriegsverbrechen "Die Täter werden nicht davonkommen"

Stand: 04.03.2023 13:45 Uhr

Die Ukraine drängt darauf, dass sich Russland für seinen Angriffskrieg verantworten muss. Erste Vorbereitungen werden bei einer internationalen Konferenz in Lwiw getroffen. Die USA und EU bekräftigten ihre Unterstützung.

Die Ukraine bemüht sich seit Monaten, mit ihren Unterstützern einen internationalen Gerichtshof nach dem Vorbild des Nürnberger Tribunals für Nazi-Kriegsverbrecher zu bilden. Davor sollen sich führende Vertreter Moskaus für den Krieg gegen das Nachbarland verantworten. Mit diesem Thema befassen sich seit Freitag Generalstaatsanwälte und Justizminister aus verschiedenen Ländern auf einer internationalen Konferenz in Lwiw.

Ukraine drängt auf juristische Aufarbeitung mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen

Darko Jakovljevic, ARD Kiew, tagesthemen, tagesthemen, 04.03.2023 23:35 Uhr

Auch US-Justizminister Merrick Garland reiste überraschend an. "Wir sind heute in der Ukraine, um klar und mit einer Stimme zu sagen: Die Täter dieser Verbrechen werden nicht ungestraft davonkommen", erklärte er mit Blick auf "russische Kriegsverbrecher".

Die Vereinigten Staaten stünden an der Seite der ukrainischen Ermittler für Kriegsverbrechen. Seit Beginn der Invasion vor einem Jahr habe Russland Gräueltaten im größten Ausmaß aller Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg begangen.

Selenskyj: Täter zur Rechenschaft ziehen

"Wir sammeln ein Maximum an Unterstützung für das Tribunal über die russische Aggression gegen die Ukraine", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. "Wir tun alles, um sicherzustellen, dass der Internationale Strafgerichtshof bei der Bestrafung russischer Kriegsverbrecher erfolgreich ist, und dass unsere nationalen Strafverfolgungs- und Justizbehörden für gerechte Urteile gegen alle russischen Mörder und Folterer sorgen."

Wie der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin auf Twitter mitteilte, wollen die USA mit einem gemeinsamen Ermittlungsteam zur Nachverfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine zusammenarbeiten. Der Gruppe gehören die Ukraine, Polen, Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei, Rumänien und der Internationale Strafgerichtshof an. US-Justizminister Garland habe eine entsprechende Erklärung unterzeichnet, so Kostin.

Zentrum zur Verfolgung der Verbrechen wird gegründet

Nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird bei der Konferenz auch ein Vereinbarung über die Einrichtung eines neuen Internationalen Zentrums für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression (ICPA) unterzeichnet. Es soll Beweise für künftige Gerichtsverfahren sichern und am Standort der EU-Agentur Eurojust in Den Haag angesiedelt werden. Eurojust ist in der Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zuständig.

"Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um die Täter vor Gericht zu bringen", erklärte von der Leyen. Die EU unterstütze die Rolle, die dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) dabei zukomme.

EU für Sondertribunal

Zudem sei man aber der Ansicht, dass es ein eigenes Gericht für die Verfolgung des russischen Verbrechens der Aggression geben müsse. Ein erster Schritt sei die Einrichtung des neuen internationalen Zentrums in Den Haag.

Ihren Einsatz für ein eigenes Gericht erklärte die EU-Kommission damit, dass der Internationale Strafgerichtshof bei Aggressionsverbrechen der höchsten politischen und militärischen Führung Russlands nicht tätig werden kann, da Russland die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs nicht anerkennt.

Deswegen wird nun die Einrichtung mehrerer anderer Optionen diskutiert. Das ICPA ist ein erster Schritt in diesem Prozess zur Sicherung von Beweisen für künftige Gerichtsverfahren. Die Konferenz "United for Justice" (Vereint für Gerechtigkeit) geht nach Angaben der EU noch bis Sonntag.

Selenskyj sagte am Freitag in seiner allabendlichen Videoansprache, zentrales Thema sei die Verantwortung Russlands und seiner Führung für Aggression und Terror gegen die Ukraine.

Büro des IStGH in der Ukraine geplant

Dem ukrainischen Generalstaatsanwalt Kostin zufolge ebnete die Ukraine den Weg für ein Büro des Internationalen Strafgerichtshofs.

Das Kabinett habe eine entsprechende mit dem IStGH ausgehandelte Vereinbarung gebilligt. Dadurch werde "die Eröffnung eines Büros der Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs in der Ukraine in naher Zukunft erlaubt". Dies werde dem Gericht bessere Ermittlungen ermöglichen.

Palina Milling, Palina Milling, WDR, 01.03.2023 14:32 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. Februar 2023 um 19:08 Uhr.