Vor der Landtagswahl MDR-Wahlarena: Haseloff unter Beschuss von Rot-Rot-Grün

01. Juni 2021, 10:02 Uhr

In der Wahlwoche kam es endlich zum ersten Aufeinandertreffen aller sechs Spitzenkandidaten und -kandidatinnen. Reiner Haseloff, Katja Pähle und Cornelia Lüddemann stritten vor allem untereinander zur Bildungspolitik. Kontrovers verlief die Diskussion mit Oliver Kirchner, Eva von Angern und Lydia Hüskens zu Strukturwandel und Corona-Krise.

Das erste und einzige Aufeinandertreffen der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien am Montag war geprägt von kontroversen Diskussionen. Reiner Haseloff (CDU) wurde dabei fast ebenso scharf von den eigenen Koalitionspartnerinnen Katja Pähle (SPD) und Cornelia Lüddemann (Grüne) angegriffen wie von der Opposition. Als Eva von Angern (Linke) der Landesregierung vorwarf, sich in der Corona-Krise "an den Kindern vergangen" zu haben, wies Haseloff diese Wortwahl scharf von sich. 

Die Fragen von Moderatorin Anja Heyde und Moderator Gunnar Breske sowie einiger Zuschauerinnen und Zuschauer drehten sich vor allem um die Bewältigung der Corona-Krise, das Bildungswesen, den Strukturwandel und die Landwirtschaft. Diese Themen sind laut einer Umfrage im Auftrag des MDR die derzeit drängendsten für die Menschen im Land.

Bewältigung der Corona-Krise

Haseloff betonte, dass Sachsen-Anhalt derzeit besser dastehe als der Bundesdurchschnitt. Seine Regierung sei "rechtlich und moralisch verpflichtet" jetzt zu öffnen. Mit Blick auf die von ihm scharf kritisierte Bundesnotbremse sagte er: "Da kann eine Landesregierung nicht machen, was sie will." Die Koalition habe zudem alle Beschlüsse einstimmig gefasst.

Pähle betonte, dass die SPD-geführten Ministerien für Wirtschaft und Soziales aus ihrer Sicht während der Pandemie den Ausgleich geschafft hätten, "zwischen dem, was nötig ist – und was erwartet von den Menschen wird".

Laut Oliver Kirchner (AfD) hätte die Belegung der Intensivstationen bereits im Januar Lockerungen möglich gemacht. "Dieser Lockdown hätte nicht stattfinden dürfen." Lüddemann verteidigte danach die Maßnahmen und auch die Bundesnotbremse. Diese hätten ein Sinken der Inzidenzen ermöglichtet. Zuvor seien viele Pflegekräfte "am Limit" gewesen, so die Grüne.

Lydia Hüskens (FDP) wiederum sagte, sie hätte sich gewünscht, dass die Landesregierung wie die Bundes-FDP gegen die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes geklagt hätte. "Wir wären da gerne Seit' an Seit' gewesen", so Hüskens an Haseloff.

Von Angern hätte gerne noch mehr Berufe als die bislang priorisierten vorzeitig geimpft. Haseloff warf sie vor, er habe die Menschen "im Stich gelassen".

Bildungspolitik

Katja Pähle kritisierte das Einstellungsmanagement für neue Lehrerinnen und Lehrer unter Bildungsminister Tullner (CDU) als "unprofessionell". Pähle forderte eine Gleichstellung von Grundschullehrern mit Gymnasial- und Sekundarschullehrern beim Lohn.

Eva von Angern rief nach insgesamt 2.000 Lehrern und Schulsozialarbeitern für die nächsten Jahre. Referendare müssten leichter eingestellt werden können, Quereinsteiger müssten besser unterstützt werden. Diese Maßnahmen forderte auch Hüskens. Die FDP wolle zudem den freien Schulen mehr Freiheiten geben.

Kirchner sagte, es bräuchte an den Universitäten im Land eine "Landeskinderquote bei der Lehrerausbildung", damit weniger Studierende aus anderen Bundesländern in Sachsen-Anhalt Plätze belegen würden und dafür junge Lehrer aus Sachsen-Anhalt vor Ort nachkämen. Da fuhr Lüddemann dazwischen: "Wenn Sie so weiter reden, dann bleibt bald keiner mehr hier."

Laut Haseloff haben Lehrkräfte zuletzt "deutschlandweit gefehlt". Sachsen-Anhalt hätte die gleichen Probleme wie Bayern oder Baden-Württemberg. Der Beruf des Lehrers müsse mehr gesellschaftliches Ansehen gewinnen. Eventuell müsse eine eigene Ausbildungsstätte im Land geschaffen werden. 

Lüddemann sprach sich für eine Erhöhung der Ausbildungsplätze an Universitäten und mehr Digitalisierung an den Schulen aus.

Wirtschaft und Strukturwandel

Laut Haseloff hat Sachsen-Anhalt zuletzt eine gute Entwicklung genommen. "Zu uns kommen mehr Menschen, als dass sie weggehen", so der CDU-Mann. Er warnte davor, den Kohleausstieg noch mal neu zu verhandeln, nachdem das Bundesverfassungsgericht der Bundesregierung zuletzt strengere Klimaziele auferlegt hatte. "Wann soll dann noch bei anderen Themen ein Konsens gefunden werden?", so der amtierende Ministerpräsident. Die 4,8 Milliarden Euro, die seine Regierung für den Struturwandel herausgehandelt habe, seien eine "politische Meisterleistung" gewesen.

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Dieses Geld will Lüddemann vor allem in die erneuerbaren Energien und den Klimaschutz stecken, da die in den nächsten Jahren ein "massiver Job-Motor" sein würden. Pähle sprach sich für die Schaffung von Forschungs- und Industriearbeitsplätzen unter anderem in der Wasserstoffindustrie aus. Auch müsse das Revier teilweise selbst über die Gelder entscheiden dürfen. Hüskens sagte, vor allem die Unternehmen in der Region müssten bei der Mittelvergabe einbezogen werden. Das Geld dürfe nicht in Tourismusprojekte fließen.

Die Lohnlücke in Sachsen-Anhalt will von Angern durch ein Vergabegesetz samt eigenem Mindestlohn für öffentliche Aufträge lösen. Laut Hüskens wird so ein Gesetz allerdings kaum Wirkung entfalten. Kirchner wollte vor allem das Handwerk stärken, als Beispiel nannte er aber nur die Abschaffung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Dieses hat allerdings der Bund beschlossen.

Hitzig wurde die Diskussion auch beim Thema Landwirtschaft. Von Angern warf der Landesregierung vor, dass sich Landwirte in Sachsen-Anhalt "wie Bittsteller fühlen" müssten. Haseloff versprach den Landwirten nach der Wahl mehr Zuwendungen. Hüskens forderte, Fördermittelvergaben zu entbürokratisieren. Lüddemann wiederum sah die Verantwortlichkeit für die Probleme vor allem beim CDU-geführten Bundesministerium.

Koalitionen nach der Wahl

Wer soll also nach der Wahl regieren? In der Wahlarena ging es vor allem um die Frage, ob es nicht doch eine Zusammenarbeit von CDU, FDP und AfD geben könnte. Hüskens schloss das für die Liberalen aus. Auch Haseloff sagte, es werde eine solche Zusammenarbeit nicht geben: "Es gibt eine klare Ansage und die steht hier als Person." Er wolle gern nach der Wahl erneut eine stabile Regierung formen.

AfD-Mann Kirchner glaubt an ein starkes Ergebnis für seine Partei. Er hält deshalb auch eine Viererkoalition gegen die AfD für wahrscheinlich. An Haseloff gerichtet sagte er: "Geben Sie das Landwirtschaftsministerium nie wieder den Grünen, geben Sie es lieber der FDP."

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Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR/Thomas Vorreyer

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Wahlarena | 31. Mai 2021 | 20:15 Uhr

244 Kommentare

Wessi am 02.06.2021

ach was @ Tacitus...ich glaube das "vertippt" nicht...und "Berlin" haben Sie gegogglet,mal wieder eine "Tacitus"-Lüge, gell? Ihnen ging es in der Tat nicht um den Benzinpreis, Ihnen ging es darum auf Frau Baerbock rumzuhacken."das sind ökonomische Fakten" ist schon einmal wieder die von Ihnen, ach so bekannte, Tatsachenbehauptung...die Meinung eines Experten (es wundert schon, daß Sie Felbermayr zitieren, der sitzt übrigens in Kiel, nicht in Brüssel) ist eine von vielen.Sie greifen sich mit Ihrem Wikipedia und Googlewissen einfach mal Leute heraus, die so überhaupt nicht zu Ihrem AfD-Denken passen und zitieren dann völlig aus dem Zusammenhang herausgerissen.Ihre Masche eben!

H.E. am 02.06.2021

@Denkschnecke

Wers glaubt wird selig!
Nichts wird zurückfließen, eher das Gegenteil wird der Fall sein. Irgendein Grund findet man immer, noch stärker in die Taschen der Bürger zu greifen.

H.E. am 02.06.2021

@sorglos

Und Baerbock und Habeck labern nur lautstark schwachsinniges Zeugs daher, ganz Konkretes ist noch nie von denen gekommen, außer daß wir, wenn die GRÜNEN stärkste Partei werden sollen, ganz stark zur Kasse gebeten werden.
Man sieht es doch jetzt schon, was nach den Landtagswahlen in Baden-Württ. passierte, da kommen den Leuten die Tränen in die Augen bei den Vorgaben z.B. der Haussanierungen, was sich auch im Ländle viele gar nicht leisten können.

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