Ansichten eines Informatikers

(K)eine Sendelizenz für RT (Russia Today)?

Hadmut
30.4.2021 18:40

Rundfunkrecht.

Seit RT (früher Russia Today) angekündigt hat, dass nicht mehr nur im Internet Sendungen machen, sondern zum Jahresende vollwertiger Sender in Deutschland werden wollen (was irgendwie schon zynisch und selbstwidersprüchlich ist, weil man in Russland gerade den nicht-staatlichen Sendern und Seiten aufzwingt, vorher Hinweise zu senden, dass sie fremdfanziert sind), blubbert’s durch die Medien, dass die in Deutschland als staatsfinanzierter Sender (sie geben offen zu, dass sie aus dem russischen Staatshaushalt finanziert werden) keine Sendelizenz bekommen würden, weil nicht erlaubt.

Die Presse findet das gut so. Umgekehrt würde man Zensur und Unterdrückung der Pressefreiheit schreien.

Die DWDL (bin mir nicht sicher, aber glaube nicht, dass die was mit der Deutschen Welle zu tun haben) schreibt dazu:

Der ehemalige MDR-Chefredakteur Wolfgang Kenntemich ist inzwischen Lobbyist beim russischen Staatssender RT. Die “Bild” berichtet nun, Kenntemich soll dem Sender dabei helfen, eine deutsche Sendelizenz zu erhalten. Das dürfte allerdings schwer bis unmöglich werden.

Allerdings gibt es ein Problem an der ganzen Sache: RT Deutsch erhält ziemlich sicher keine Rundfunklizenz in Deutschland. Der Sender ist aufgrund seiner Finanzierung nämlich nicht lizenzfähig. TV-Sender, die staatsfinanziert sind, dürfen in Deutschland keine Lizenz erhalten. Im Rundfunkstaatsvertrag heißt es:

Eine Zulassung darf nicht erteilt werden an juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchen und Hochschulen, an deren gesetzliche Vertreter und leitende Bedienstete sowie an politische Parteien und Wählervereinigungen. Gleiches gilt für Unternehmen, die im Verhältnis eines verbundenen Unternehmens im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes zu den in Satz 1 Genannten stehen. Die Sätze 1 und 2 gelten für ausländische öffentliche oder staatliche Stellen entsprechend.

Das könnte schon europarechtlich problematisch sein, denn eigentlich darf man Firmen nicht von der Geschäftstätigkeit ausschließen, die in anderen Ländern der EU sitzen. Dort bestimmt aber deren Recht, was rundfunkrechtlich gefordert ist. Wenn also ein Sender in anderen Staaten zulässig staatlich finanziert ist, könnte durchaus die Frage aufkommen, ob der auch in anderen Ländern senden darf – genauer gesagt, ob andere Ländern ihn davon abhalten dürfen. Nun sind zwar die Russen nicht in der EU, aber da steht nicht, dass die Regel nur für Nicht-EU-Staaten gilt.

Nun gilt aber der Rundfunkstaatsvertrag nicht mehr, sondern der Medienstaatsvertrag, aber in dessen § 53 heißt es wortgleich:

Eine Zulassung darf nicht erteilt werden an juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Kirchen und Hochschulen, an deren gesetzliche Vertreter und leitende Bedienstete sowie an politische Parteien und Wählervereinigungen. Gleiches gilt für Unternehmen, die im Verhältnis eines verbundenen Unternehmens im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes zu den in Satz 1 Genannten stehen. Die Sätze 1 und 2 gelten für ausländische öffentliche oder staatliche Stellen entsprechend.

Es geht also nicht so sehr darum, ob sie staatlich finanziert sind, sondern ob sie juristische Personen des öffentlichen Rechts sind.

Nach dieser Webseite ist deren deutsche Niederlassung eine eigene GmbH, deren Gesellschafter RT Russland ist. Das ist die Frage, ob die unter „juristische Person des öffentliches Recht“ fallen. Sieht eigentlich nicht so aus.

Auch die in manchen Zeitungsartikeln angesprochene Problematik, dass RT von der Russischen Regierung finanziert wird, dürfte kaum durchgreifen. Denn das ist mir gerade neulich über den Weg gelaufen als ich meine Stellungnahme zum MDR-Gesetz für den Landtag Thüringen geschrieben habe: Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen (zum Zeitpunkt der Entscheidung noch gebühren- und nicht beitragsfinanziert, aber nach der Begründung gilt das für beitragsfinanzierte umsomehr) auch staatlich finanziert, weil der Staat die Gesetze macht, nach denen gezahlt werden muss, und mit staatlicher Gewalt eingetrieben wird.

Darauf beruht nämlich die Entscheidung, dass auch die Fernsehesender ihre Aufträge europaweit auszuschreiben haben, allerdings gibt es davon wieder die Ausnahme, dass dies nicht für die inhaltliche und lokal kulturelle Gestaltung gilt, weil das im Ausschreibungsrecht als Ausnahme vermerkt ist. Grundsätzlich aber gilt, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk schon aus EU-Sicht nicht so staatsfern ist, wie er gerne tut, und nach bestehender Rechtssprechung öffentlich finanziert ist.

Und gerade die aktuelle Änderung des MDR-Gesetzes, wonach nicht mehr alle Fraktionen im Landtag Vertreter in den Rundfunkrat entsenden, sondern nur noch die mit Mehrheit bestimmte, also Regierungsparteienvertreter, und noch jede Menge von den linken Parteien kontrollierte Organisationen, lassen auch den MDR im Prinzip als Regierungssender dastehen. Ich hatte das in meiner Stellungnahme explizit gerügt, aber Thüringen hört da ja auch nicht auf mich.

Umso interessanter fände ich es, geradezu hochinteressant, wenn es da zu einem Rechtsstreit um eine Zulassung als Sender für RT käme.

Ich halte nämlich das deutsche Rundfunkrecht für ziemlich missbräuchlich und darauf ausgelegt, die Medien politisch zu steuern.

Hoffen wir also, dass RT auf eine Sendelizenz klagt.

Mir fehlt sowieso das Verständnis dafür, dass hier beim heutigen Stand der Technik (und damit der nicht mehr so starken Knappheit des Gutes Sendekapazität) überhaupt noch Sendelizenzen verfassungsrechtlich zulässig sind.