Ansichten eines Informatikers

Was ist eigentlich die richtige Lautstärke für Youtube-Videos?

Hadmut
31.10.2021 15:37

Grrr. Es gibt so Tage, da könnte ich…

Oder: Das Nervenaufreibende am Herstellen von Videos.

Gerade mal wieder einige Stunden mit einer Fehlersuche verbraten.

Eigentlich wollte ich am Freitag schon ein Video rausgeben. Nichts besonderes, nur etwas, wo ich die Kamera habe mitlaufen lassen. Sollte sich ja einfach machen lassen.

Freitag habe ich es nicht mehr ganz geschafft, aber, so dachte ich, Samstag wäre gut, da ließe sich das flott erledigen.

Aber, ach.

Es ist mal wieder das ständige Problem, das ich da habe: Wenn man den ganzen Foto- und Videokram nicht ständig und permanent benutzt, stolpert man ständig über viele kleine Details und Problemchen.

Es sollte noch ein kurzes „voice over“ dazu, halt ein paar Worte ins Mikro sprechen, worum es überhaupt geht. Unter Linux verwendet man dazu audacity, das Tonverarbeitungsprogramm schlechthin. Rauschen entfernt, Kompressor drauf, und so Tonkosmetik eben, und da zeigte mir audacity an, dass Lautstärke und so weiter alles im ungefähr optimalen Bereich sind.

Videoeditoren gibt es unter Linux mehrere, mindestens drei freie, noch ein paar kommerzielle, und die sind im Prinzip alle gut, unterscheiden sich aber in den Features und der Oberfläche, die Auswahl ist eigentlich Geschmackssache. Ich habe mich für kdenlive entschieden. Ich liebäugle zwar auch mit Davinci Resolve von Blackmagic, gibt es auch für Linux, aber das läuft auf Linux-Maschinen anscheinend gar nicht, wenn keine unterstützte Graphikkarte drinsteckt, weil DR anscheinend die Graphikkarte mit einspannt, um schneller zu rendern. Einen Mac habe ich zwar auch, aber nicht unterwegs dabei.

Die Tondatei also auch einspannt, wird ordentlich angezeigt, hört sich ordentlich an, das ganze produziert und … Mist produziert. Der gesprochene Ton ist viel leiser als die anderen Teile. Kann man so nicht nur nicht rausgeben, sondern erinnert mich auch daran, dass sich Leute über frühere Videos beschwert hatten, der Ton sei zu leise. Der Sache muss man auf den Grund gehen.

Warum zum Geier hört sich das in audacity und auch im Editor-Fenster von kdenlive normal an, nicht aber im Video, was hinten rauskommt? Sagte doch schon Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

Hat mich gestern abend und heute mittag einiges an Zeit gekostet, den Fehler einzukreisen.

Das war der Fehler:

Ich hatte in audacity irgendwie versehentlich für die Tonspur den gain-Regler (Verstärkung) ins Negative verschoben. War mir nicht aufgefallen. Das führte dazu, dass der Ton der Spur in Audacity zwar in Ordnung war, aber in der exportierten wav-Datei deutlich zu leise. Geliefert wie bestellt, sozusagen. Exportiert wie eingestellt.

Das habe ich aber nicht gemerkt, weil kdenlive den Ton im Editor-Fenster als Wellenform normal angezeigt und abgespielt hat, normalisiert das anscheinend im Editor-Fenster. Erst wenn man das Ding dann rendert, wird im produzierten Video die Lautstärke korrekt dargestellt, also zu leise. So leise eben wie in der wav-Datei. Der Ton im Editorfenster und der in der Ausgabedatei unterscheiden sich.

Was mich zu der immer noch unbeantworteten Frage führt, was eigentlich die richtige Lautstärke für das ist, was man da produziert.

Nach einem meiner früheren Videos hat mich mal einer angeschrieben, der Ton wäre miserabel, ich hätte das doch durch Normalisierer laufen lassen müssen (ja, Kompressor gibt’s auch noch und so weiter).

Was auch nicht ganz trivial ist, denn die Frage ist, was man mit den Spitzen macht. Irgendwas ist immer mal lauter als der Rest, mal ein Räuspern oder ein Vokal, weil man etwas anders ausspricht, oder irgendein nicht-stimmliches Geräusch, man muss nur auf den Tisch klopfen, und skaliert man es dann so, dass alles noch im sauberen Bereich, aber dann nicht in der vollen Lautstärke ist, oder nimmt man ein paar Clippings in Kauf?

Dabei bin ich auf das gestoßen: Loudness war

Musik wird immer lauter dargeboten.

Könnte natürlich auch ein Nebeneffekt der Digitalsierung sein, weil man früher noch im Studio von Hand und analog abgemischt hat, dann von Hand und digital, schließlich vollalgorithmisch optimiert.

Was mir dazu auch auffällt: Das Geplärre im Radio bei der Radiowerbung. Das normale Radio- oder Fernsehprogramm wird bei der Lautstärke „mit Luft nach oben“ ausgestrahlt, also so, dass auch diese lauteren Ausnahmegeräusche nicht sofort zu Clipping führen. Müssen sie ja auch, weil sie am Anfang der Radiosendung ja noch nicht wissen können, wie laut der Sprecher ins Mikrofon sprechen wird und deshalb „Sicherheitsabstand“ brauchen. Hat man dagegen einen Song als Studioaufnahme, dann weiß man genau, wo die Stellen maximaler Lautstärke sind und kann entsprechend aufdrehen. Und deshalb sind die Werbeeinspieler immer volle Lautstärke, damit man die Leute vom Einschlafen abhält und ihnen signalisiert, dass gerade etwas wichtig wäre.

Was, langer Rede kurzer Sinn, für mich immer noch nicht das Problem löst, dass ich nicht weiß, was eigentlich die „richtige“ Lautstärke für Youtube-Videos und ähnliches wäre.