US-Staaten können ungestraft Copyright missachten

US-Staaten können wegen Piraterie fremder Werke nicht gerichtlich belangt werden. Ein anderslautendes Gesetz ist verfassungswidrig.

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Copyleft-Flagge mit gekreuzten Säbeln (im Stile einer Piratenflagge)

Filmaufnahmen eines echten Piratenschiffs gaben Anlass zum Rechtsstreit, der in ungestrafter Copyright-Piraterie durch US-Staaten gemündet ist.

(Bild: Eugene Zelenko/Zscout370/Meitar CC-BY SA 1.0)

Lesezeit: 3 Min.

Verletzt ein US-Staat Copyright, kann der Urheber nichts dagegen tun. Die Staaten sind immun gegen Klagen geschädigter Rechteinhaber. Das hat der US Supreme Court am Montag einhellig entschieden. Das Verfassungsgericht beruft sich dabei insbesondere auf eine ähnliche Entscheidung zu Patentverletzungen aus dem vorigen Jahrhundert.

Grundsätzlich genießen US-Bundesbehörden sowie Behörden von US-Staaten und Ureinwohnerstämmen Immunität ("Sovereign Immunity") vor US-Gerichten, die in weiten Teilen auch auf ausländische Staaten und deren staatliche Unternehmen ausgedehnt ist. Man kann Staaten dort also nicht verklagen, sofern sie nicht einwilligen oder es eine spezielle Rechtsgrundlage gibt. Zwar hat das US-Parlament 1990 zwei Gesetze verabschiedet, die explizit Klagen gegen US-Staaten wegen Copyright- respektive Patent-Verletzung vorsehen: Patent Remedy Clarification Act (PRCA) und Copyright Remedy Clarification Act (CRCA).

Den PRCA hat der Supreme Court jedoch bereits 1999 als verfassungswidrig aufgehoben; nun tut er das auch mit dem CRCA. In beiden Fällen befand das Gericht, dass der Bundesgesetzgeber zugunsten des Eigentumsschutzes nur in verhältnismäßiger Weise in die Souveränität der US-Staaten eingreifen darf.

Die Protokolle und Akten des US-Parlaments rund um PRCA und CRCA führen nur einzelne Beispiele von Patent- und Copyright-Verletzungen durch US-Staaten an. Wegen solcher Einzelfälle die Souveränität der US-Staaten, die sich generell an Copyright und Patentrechte halten, einzuschränken, ist aus Sicht des Verfassungsgerichts aber nicht verhältnismäßig.

Gelingt es dem Parlament, gehäufte einschlägige Rechtsverletzungen durch US-Staaten zu dokumentieren, könnte es PRCA oder CRCA erneut beschließen. Bezüglich Patenten ist das aber schon seit 21 Jahren nicht passiert. Immerhin ist nun klargestellt, dass staatliche Einrichtungen, darunter auch Bildungseinrichtungen, Bücher, Filme, Software und andere Werke ungestraft kopieren und verteilen dürfen. Sollten sie das ausnutzen, könnten Copyright-Verfechter das dokumentieren und dann versuchen, eine neuerliche Verabschiedung eines CRCA zu erreichen.

Anlass für den Fall war ein echtes Piratenschiff: 1717 brachte der berüchtigte Pirat Blackbeard das Schiff Queen Anne's Revenge in seine Gewalt, lief damit aber schon im Jahr darauf vor North Carolina auf Grund. Erst 1996 wurde das Wrack wiedergefunden. Der Filmemacher Frederick Allen dokumentierte in der Folge mehr als ein Jahrzehnt lang die Bergung des Wracks.

2013 veröffentlichte der US-Staat North Carolina Fotos aus Allens Kamera, ohne eine Genehmigung des Urhebers eingeholt zu haben. Allen und der Staat einigten sich auf 15.000 US-Dollar Entschädigung und hielten die jeweils anerkannten Rechte schriftlich nieder. Doch kurz darauf veröffentlichte der Staat Filmaufnahmen Allens, der sich erneut in seinen Rechten verletzt sah und klagte.

Das Bundesbezirksgericht nahm die Klage an, wogegen sich North Carolina wehrte: Es könne gar nicht verklagt werden. Die Frage ging bis zum Supreme Court, der zugunsten des Staates entschieden hat. Allen muss die unlizenzierte Verbreitung seiner Filme durch den US-Staat also entschädigungslos hinnehmen.

Das aktuelle Verfahren heißt Allen et al v. Cooper, Governor of North Carolina und trägt das Az. 18-877. Das 1999 entschiedene Verfahren hieß Florida Prepaid Postsecondary Education Expense Board v. College Savings Bank.

(ds)