SBB streicht geplanten Zug, um pünktlich zu sein

Aktualisiert

Zürich–MailandSBB streicht geplanten Zug, um pünktlich zu sein

Die Züge aus der Deutschschweiz in den Süden sind häufig unpünktlich und überfüllt. Nun tritt die SBB beim Ausbau auf die Bremse.

Stefan Ehrbar
von
Stefan Ehrbar

In einem Jahr wird der Ceneri-Basistunnel eröffnet. Die Reise ins Tessin und nach Italien mit dem Zug wird dann noch schneller. Deshalb wollte die SBB einen Schnellzug einführen, der zwischen Zürich und Mailand nur 2 Stunden und 45 Minuten benötigt. Im Dezember 2017 stellte die SBB die Pläne für diesen Superveloce vor.

Ab Eröffnung des Ceneri-Basistunnels könne der Zug unterwegs sein, so die Bahn damals. In einem früheren Dokument hatte die Bahn den Zug bereits auf Dezember 2018 angekündigt. Doch mittlerweile will die SBB nichts mehr davon wissen. Wann und ob der Superveloce eingeführt wird, ist völlig unklar. In den nächsten Jahren ist das nicht der Fall.

«SBB legt Fokus auf Zuverlässigkeit»

Die Bahn begründet das damit, dass sie neue Prioritäten setze. «Die SBB legt den Fokus auf die Zuverlässigkeit und nicht auf einzelne Schnellverbindungen», sagt Sprecher Martin Meier. Für die Phase nach der Eröffnung des Ceneri-Basistunnel plane die Bahn erst einmal einen «Aufbaufahrplan», um ein stabiles Angebot sicherzustellen.

Die Reisezeit zwischen Zürich und Mailand betrage vorerst drei Stunden und 17 Minuten. Ab Ende 2022 sei das Ziel eine Fahrzeit von 3 Stunden und 2 Minuten. «So gewährleisten die SBB und Trenitalia die Zuverlässigkeit im grenzüberschreitenden Verkehr», so Meier. Für den Superveloce hat es in diesem Konzept keinen Platz. Möglich ist aber auch, dass es für den Zug gar keinen Platz im Gotthard-Basistunnel gibt. Neue Verbindungen dürfen dort nämlich laut Vorgabe des Bundes nur eingeführt werden, wenn sie den Güterverkehr nicht beeinträchtigen.

Nur jeder zehnte Zug pünktlich

Dass die SBB den Fokus auf die Pünktlichkeit legt, kommt aber nicht überraschend. Wie eine Auswertung von Puenktlichkeit.ch zeigt, kamen in den letzten 365 Tagen nur 72,5 Prozent der internationalen Züge aus Italien pünktlich in Zürich an. Die Züge von Italien in Richtung Genf waren bei der Messung in Sitten gar nur in etwas mehr als einem von zehn Fällen pünktlich. Schlecht war die Pünktlichkeit auch bei den internationalen Zügen Richtung Bern. Von allen vier Regionen der SBB ist die Pünktlichkeit im Tessin zurzeit am tiefsten.

Seit der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels Ende 2016 ist die Zahl der Passagiere zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin gleichzeitig stark gewachsen. Am Gotthard verzeichnete die SBB innert zwei Jahren ein Passagierwachstum von 20 Prozent.

In der Vergangenheit mussten deshalb mehrfach Passagiere die Züge in den Süden verlassen, weil diese überfüllt waren (20 Minuten berichtete). Abhilfe verspricht die SBB ab Ende 2020. Nach der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels können nämlich Doppelstockzüge ins Tessin eingesetzt werden. So könne die Bahn deutlich mehr Sitzplätze an Spitzentagen anbieten, sagt ein Sprecher gegenüber 20 Minuten.

Deine Meinung