Auch Edelweiss überbucht jetzt ihre Flüge

Publiziert

Wegen No-ShowsAuch Edelweiss überbucht jetzt ihre Flüge

Das neue System von Edelweiss finden Konsumentenorganisationen «traurig». Doch die Airline wehrt sich.

nk
von
nk

Die Lufthansa-Tochter Edelweiss hat sich lange zurückgehalten mit dem Überbuchen von Flügen, wie es in der Branche sonst weit verbreitet ist. Doch nun hat auch die Schweizer Airline das «aktive Überbuchen» eingeführt, wie es in einem Eintrag im Intranet des Unternehmens heisst.

«Wir haben in den letzten Jahren das Streckennetz und die Anzahl Flugzeuge markant ausgebaut», sagt Sprecher Andreas Meier zu 20 Minuten. Damit sei auch die Anzahl der Gäste gestiegen, die die Reise nicht antreten würden, sogenannte No-Shows. Edelweiss überbuche Flüge, die in der Vergangenheit überdurchschnittlich hohe Raten an No-Shows gehabt hätten, so Meier weiter. «Die Auswahl der Strecken wird kontinuierlich überprüft und angepasst.»

«Bei Ferienflügen gehen Überbuchungen gar nicht»

«Ich finde es traurig, dass Edelweiss nun auch systematisch überbucht», sagt Philippe Strässle, der Geschäftsführer von Airhelp Schweiz. Es wundere ihn aber nicht: «In den letzten Jahren wurden bei allen Fluggesellschaften die Schrauben angezogen, um das Maximum herauszuholen.»

Edelweiss bewirbt sich selbst als die «führende Schweizer Ferienfluggesellschaft». Doch gerade für Ferienpassagiere, die ohne Stress ihre freie Zeit verbringen möchten, seien Überbuchungen ärgerlich, so Strässle. «Das ist zum Beispiel für eine Familie mit Kindern, die ihre Ferien schon durchgeplant hat, katastrophal.»

Auch Babette Sigg, Präsidentin des Konsumentenforums, findet: «Dass Edelweiss nun auch Überbuchungen durchführt, geht gar nicht. Gerade bei Ferienflügen mit beschränktem Zeitbudget spielt es eine Rolle, ob man einen Tag früher oder später reist.»

Edelweiss-Sprecher Meier sagt dagegen: «Von einer negativen Auswirkung einer Überbuchung sind unsere Gäste nur sehr selten betroffen.» Von 2,7 Millionen Passagieren im Jahr 2019 hätten wenige Dutzend wegen der Überbuchung nicht befördert werden können. Die Entschädigung dafür war im gesetzlichen Rahmen (siehe Box). Zudem sei es aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, die Auslastung der Flüge zu optimieren, so Meier.

Swiss: «Leere Plätze wären nicht sinnvoll»

Flüge zu überbuchen, ist in der Branche normal. Swiss-Sprecher Stefan Vasic betont, dass das wichtig sei, um wettbewerbsfähige Preise und hohe Auslastung erreichen zu können. Für jeden Flug würden historische Daten hinterlegt und ein eigenes Profil errechnet, so Vasic weiter. «Das dient dazu, die Unannehmlichkeit für die Passagiere so weit wie möglich zu reduzieren.» Die Anzahl der zurückgewiesenen Fluggäste liege im tiefen Promillebereich.

Weiterhin keine Überbuchungen gibt es bei Helvetic Airways. «Im Gegensatz zur Konkurrenz praktizieren wir keine Überbuchungspolitik», sagt Sprecher Mehdi Guenin. Das, weil die Airline vor allem Ferien- und Nischendestinationen anfliege, und das höchstens zweimal pro Woche. «Für den Passagier gibt es also kaum Alternativen, und so wären überbuchte Flüge schlussendlich für uns kontraproduktiv», so Guenin weiter.

Diese Rechte haben Sie als Passagier bei Überbuchung

Diese Rechte haben Sie als Passagier bei Überbuchung

Für alle Flüge aus der EU, der Schweiz, Norwegen und Island und für solche, die in diesem Gebiet landen und von einer Airline aus der Region durchgeführt werden, gilt:

Bei Überbuchung können Passagiere freiwillig auf die Beförderung verzichten. Dabei müssen sie entscheiden können zwischen der Rückerstattung des Ticketpreises und einer alternativen Beförderung. Zudem gibt es eine mit der Airline vereinbarte Entschädigung.

Verzichten Passagiere nicht freiwillig auf ihren Platz, müssen aber trotzdem am Boden bleiben, haben sie neben den oben genannten Auswahlmöglichkeiten Anspruch auf Verpflegung im Verhältnis zur Wartezeit, Telekommunikation und falls nötig ein Hotelzimmer. Zudem muss die Fluggesellschaft eine Entschädigung leisten, die abhängig von der Distanz und der Dauer der Verzögerung der Reise ist. Für Flüge über 3500 Kilometer und einer Verzögerung von mehr als 4 Stunden beträgt sie rund 650 Franken. Laut dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wurden 2019 in der Schweiz 283 solcher Fälle angezeigt. Diese Zahl ist in den letzten Jahren leicht gestiegen.

Deine Meinung