Ansichten eines Informatikers

Pan Tau Potter

Hadmut
27.9.2020 12:34

Eine Mini-Filmkritik.

Oh, wie gerne habe ich als Kind Pan Tau gesehen.

Es war wunderbar. Dieser lustige alte Herr, der sich in das kleine Männchen verwandeln konnte und so witzig gezaubert hat. Stop-Motion-Aufnahmen mit kleinen Gummifiguren mit Drahtkern, deshalb immer etwas steif und ruckelig, aber mit soviel Liebe zum Detail. Ich weiß nicht mehr, wo, in irgendeinem Film tauchte Jahre später nochmal die kleine Pan-Tau-Figur auf, das/ein Original, aber schon arg mitgenommen. Das Gummi steif und schon verfärbt, die Finger verbogen, weil man sie offenbar nicht mehr bewegen konnte.

Und es war einzigartig. Sowas gab es vorher nicht, das war einfach neu. Und mit der besonderen Hingabe der tschechischen Märchenerzähler, denen das einfach irgendwie in die Wiege gelegt war, die haben ja noch so viele andere herrliche Kinderfilme gemacht. Und Otto Šimánek war einfach perfekt in der Rolle des Pan Tau, es war sicherlich die Rolle seines Lebens. Ich habe das Buch nie gelesen, weiß nicht mal, ob es überhaupt eines gab, aber der Fernseh-Pan Tau war einfach die Rolle des perfekten Opas, und entsprechend angelegt. Der Opa, den jedes Kind haben will.

Vor einiger Zeit schon ging die Meldung herum, dass ein Filmstudio sich die Rechte an der Reihe gesichert habe, und neue Folgen drehen will. Ob das gut gehen kann?

Nun sind sie da:

Natürlich gleich mal reingeguckt.

Es ist nicht mehr wie der alte Pan Tau. Das wäre heute auch nicht mehr möglich, und würde wohl auch nicht mehr funktionieren. Der gütige Opa ist heute nicht mehr aktuell, und einen alten weißen Mann als etwas Gutes darzustellen politisch gar nicht mehr drin. Uncle Ben geht auch nicht, der hat schon Probleme mit seinem Reis. Einzuweiben wäre dann doch zu weit hergeholt, vielleicht hätten sie dafür auch die Rechte nicht bekommen.

Also haben sie einen jungen Pan Tau und den auch klamottenmäßig etwas modernisiert, nicht mehr im Stresemann. Hier schreiben sie, wie es dazu kam:

1990 kehrte Šimánek ein letztes Mal in die Rolle des „Pan Tau“ zurück, in dem Musikvideo zu Nenas Hit „Du bist überall“. Nena sagte im Gespräch mit „Planet Interview“: „‚Pan Tau hat mich als Kind aufgefangen.“ Zwei Jahre später erlag Otto Šimánek in Prag seinem Krebsleiden. Er wurde 67 Jahre alt.

Die Produktionsfirma Caligari hat sich mittleweile die Rechte für „Pan Tau“ gesichert. Der Kinder-Klassiker soll 2020/2021 in einer englischsprachigen Neuauflage wieder ins Fernsehen kommen. Passend zum 50. Jubiläum.

In die Rolle des „Pan Tau“ schlüpft der britische Comedy-Star Matt Edwards. „Ich habe 300 Schauspieler für diese Rolle gecastet, keiner war’s. Dann habe ich selbst im Internet gesucht und fand einen Auftritt von Matt in der Show ‘Britain’s Got Talent’. Da wusste ich sofort, der ist es!“, so Produzentin Gabriele Walther gegenüber „Bild“.

Ach, stimmt ja, in einem Nena-Musikvideo ist Šimánek nochmal als Pan Tau aufgetreten.

Die ersten zwei Folgen habe ich mir angesehen.

Ein paar Sachen haben sie gestrichen. Früher gab es ja immer diese ulkigen Stop-Motion-Animationen der kleinen Pan-Tau-Figur. Die gibt es so gar nicht mehr. Zwar tritt der Mini-Pan-Tau noch kurz auf und steht im Regal, aber eben als Schauspieler mit digitaler Bildmontage, und nicht mehr Stop-Motion, und auch nicht mehr handlungsrelevant, sondern eher als Anknüpfung an die alten Filme, muss eben zitiert werden, damit es nach Pan Tau aussieht.

Der berühmte Griff zur Melone ist noch da, aber deutlich gekürzt. Früher fünfmal obendrauf klopfen und dann elegant hin und her fahren, das ist im heutigen Erzähltempo nicht mehr drin, Da muss ein kurzer Wisch am Hutrand vorbei reichen. Und er kommt etwas zu komikerhaft rüber, aber vielleicht hat sich da der Geschmack geändert.

Dann hat man ihn durchgegendert.

Pan Tau selbst ist immerhin noch ein Mann, weiß auch noch, allerdings nicht mehr alt, das war wohl aus rechtlichen Gründen und wegen der Wiedererkennung nicht anders möglich. Aber sonst sind die Hauptrollen Frauen. Die Tochter, die Mutter, die Autorin (hinter dem Männernamenpseudonym). Wenigstens behaupten sie nicht, dass sie ihre Bücher unter Männerpseudonym schreibt, weil sie sich sonst nicht verkaufen (was man nach J. K. Rowling wohl kaum noch behaupten kann, deren Abklatsch sogar vorkommt), sondern weil sie anfangs Angst gehabt habe, dass es sich nicht verkauft, und deshalb erst mal unter dem Namen ihres Großvaters geschrieben habe. Die Tochter macht dann auch dem Mittelalter klar, dass Frauen in Hosen rumlaufen können, reiten, lesen und das „Schwert führen” (eigentlich ein erbärmliches Gefuchtel, aber Qualitätskriterien gibt’s da auch nicht mehr) können, während für die Männer nur die Nebenrollen, die Pappnasen, komische alte Könige, fiese alte Zauberer und bekloppte Bösewichte übrig bleiben. Und natürlich der pummelige nerdige stubenhockrige unsportliche Bruder.

Sie können es heute eben nicht mehr ohne Genderkäse und Frauenquote. Alles muss aufgeweibt sein, die Männer sind nur die Schießbudenfiguren, außer eben Pan Tau. Und der sagt wenigstens nichts und macht, was er soll, nämlich für die Frauen zu zaubern. Was damit letztlich falsch ist, weil Pan Tau konstruktiv ja schon eine Jungs-Story war, und deshalb auch stärker am Privatgeheimnis der kleine Figur in der Schublade orientiert war. Nun ist er eher der Begleiter der jungen Frau, der ihr – natürlich – alle Wünsche erfüllt und sie zur Heldin macht. Semantische Verschiebung. Im Gegensatz dazu bleibt Bibi Blocksberg natürlich ein Frauending, denn das ist ja politisch korrekt. Reine Frauenstories darf es heute natürlich geben, Männerstories sind nicht mehr erlaubt, und Jungens müssen moppelige unsportliche Nerds sein. Und ein paar Quoten-Schwarze stehen auch in der Gegend rum.

Ansonsten ist die Handlung eher flach, allzuviel eingefallen ist ihnen nicht. Man versucht dann schon, sich irgendwie potteresk zu geben. Gerät eher zu Catweazle. Man merkt recht deutlich, dass der Schwerpunkt heutiger Erzählungen auf der optischen Wirkung statt auf der Story liegt, das Denken liegt den Kindern heute wohl nicht mehr so. Wenn ich es so recht bedenke, kann es aber auch daran liegen, dass man damals langsamer und story-betonter erzählte, weil man die optischen Möglichkeiten einfach nicht hatte. Heute ist alles in FullHD und digital betrickst, da ergeben sich dann auch einfach mehr Möglichkeiten und ein anderer Erwartungshorizont. Allerdings merkt man dann auch, dass das Budget wohl überschaubar war, weil es vor allem in einem Buchladen, irgendwo im Wald und auf einer Burg mit ein paar Leuten im Kostüm spielt. Ist ja aber auch ein Kinderfilm, nicht Hollywood-Kino. An die unendliche Geschichte musste ich auch denken.

Im Ergebnis wirkt es ein bisschen wie die Märchenverfilmungen, die Sonntag vormittags im Fernsehen kommen. Und man merkt auch, dass sie versuchen, etwas an die Harry Potter-Begeisterung anzuknüpfen.

Vielleicht zu viel gemeckert, schön anzusehen ist es schon. Ob der aber noch diese Sonderrolle des Pan Tau besetzen kann, bliebe abzuwarten.

Letztlich kann ich das auch nicht mehr beurteilen, weil ich es nicht durch die Augen eines Kindes von heute sehen kann. Man müsste den Kindertest machen. Schließlich ist es ja für Kinder und nicht für mich gemacht.

Und sicherlich sind mir da auch meine eigenen Maßstäbe verrutscht. Ich hatte mir vor einem Jahr oder sowas mal irgendso eine Käseillustrierte gekauft und zum Erstaunen des Kioskverkaufers direkt nach dem Bezahlen unbeachtet, ungelesen, ungeöffnet direkt in den nächstbesten Mülleimer gesteckt, weil es mir nur um die Bonus-DVD ging, die drauf pappte: Pan Tau. Schaut man sich heute aber die Filme von damals an, ist das schon recht dröge. Viele alte Serien, von denen ich damals total begeistert war, kommen mir heute rückblickend sehr dröge vor. Technik, Wahrnehmung und Maßstäbe haben sich enorm geändert. Das kann heute gar nicht mehr so sein wie damals, und mit irgendeinem Zauberfilm kann man die Kinder heute nicht mehr beeindrucken.

Sagen wir es positiv: Schön gemacht ist es, und es freut mich sehr, dass sie auch mal auf die alten Stories und Geschichten zurückgreifen. Und im Rahmen des heute mental noch Möglichen ist es gut gelungen, im Gegensatz etwa zu Neuauflagen von Biene Maja. Und immerhin gilt da auch noch: Mit Schirm, Charme und Melone. (Ach Moment, das war was anderes…)

Ich hatte ja schon öfters bemängelt, dass es sowas wie diese wunderbaren kleinen Serien, die das ZDF früher mal zwischen Weihnachten und Neujahr zeigte, nicht mehr gibt. Damit kommt dann auch endlich mal wieder was in dieser Art. Und vielleicht zum richtigen Zeitpunkt, wenn der Corona-Rappel wieder losgeht und das Wetter nicht mehr so auf draußen spielen steht.

Mal sehen, wie es bei Kindern ankommt.