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Wirtschaft Drama um Sojus-Rakete

Das doppelte Rettungssystem bewahrte die Astronauten vor dem Tod

Freier Wirtschaftsredakteur
Panne nach Start von bemannter Sojusrakete zur ISS

Eine Antriebspanne bei der Sojus-Rakete hat die beiden Astronauten an Bord zu einer Notlandung in Kasachstan gezwungen. Der US-Astronaut Nick Hague und sein russischer Kollege Alexej Owtschinin blieben dabei offenbar unverletzt.

Quelle: WELT/ Stephanie Rahn

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Der Start einer Zwei-Mann-Crew ist gescheitert. Die Astronauten überleben nur dank eines komplexen Rettungssystems. Der Fehlstart könnte massive Auswirkungen auf die Raumfahrt haben – auch auf den deutschen ISS-Kommandanten Alexander Gerst.

Worum geht es

Russlands Raumfahrt ist nicht mehr so zuverlässig wie früher. Erstmals seit 43 Jahren ist jetzt ein Start einer bemannten Sojusrakete mit einer Zwei-Mann-Besatzung vom Weltraumbahnhof in Kasachstan gescheitert. Die beiden Astronauten an Bord, ein Amerikaner und ein Russe, erreichten wegen eines Triebwerksversagens nicht die Erdumlaufbahn, sondern flogen in einem Notfallprogramm kurz in den Weltraum und stürzten dann in einer ballistischen Flugkurve zurück zur Erde.

Nach ersten Berichten landeten sie 20 Kilometer entfernt von der Stadt Dzhezkazgan in Kasachstan. Sie sollen unverletzt sein, teilten die Raumfahrtagenturen der USA und Russlands mit. Unmittelbar nach dem Auslösen des Notfallprogramms starteten Rettungsteams. „Gott sei Dank ist die Besatzung am Leben“, sagte der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow.

Die beiden Besatzungsmitglieder, der US-Astronaut Nick Hague und sein russischer Kollege Alexej Owtschinin, sollten zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegen, wo derzeit der deutsche Astronaut Alexander Gerst das Kommando hat. Noch ist nicht absehbar, welche Folgen das Versagen der Sojus-Rakete hat, zumal die Russen derzeit die einzige Transportmöglichkeit zur Weltraumstation anbieten. Die Amerikaner, konkret Boeing sowie SpaceX, werden erst im nächsten Jahr erstmals bemannte Kapseln testen, die dann an der ISS andocken können.

Zweiter russischer Raumfahrt-Zwischenfall

Bei dem jetzt fehlgeschlagenen Raketenstart versagten nach Angaben russischer Medien angeblich Triebwerke der zentralen ersten Stufe, sodass ein Notfallprogramm ausgelöst wurde. In der TV-Liveübertragung waren nach knapp drei Minuten Flug größere Schüttelbewegungen in der Kapsel zu sehen. Nach drei Minuten und 25 Sekunden gab es einen Funkspruch über ein Versagen der Raketenstufe. Offensichtlich versagten Triebwerke zum Zeitpunkt, als die vier seitlichen Hilfsraketen abgesprengt wurden.

Dabei gilt die russische Sojus-Rakete mit weit über 1000 Starts grundsätzlich als sehr zuverlässig. Die jetzt eingesetzte Rakete in der Version Typ Sojus-FG ist schon 65 Mal geflogen und hatte noch keine Panne. In der Vergangenheit gab es zwar hin und wieder Fehlschläge bei unbemannten Missionen zum Transport von Satelliten ins All. Extrem zuverlässig waren aber bislang die bemannten Flüge.

Das Versagen der Sojus-Rakete ist der zweite größere Zwischenfall in der russischen Raumfahrt in kurzer Zeit. Ende August gab es einen leichten Druckabfall auf der „Internationalen Raumstation“ (ISS), weil durch ein kleines Loch in einer angedockten Sojus-Kapsel Sauerstoff in den Weltraum entwich. Die Ursache für das knapp drei Millimeter große Loch, das offensichtlich von innen nach außen gebohrt wurde, ist bislang nicht endgültig geklärt. Spekuliert wird über einen Fertigungsfehler in der russischen Produktion. Das kleine Loch konnte von der ISS-Besatzung kurzfristig gestopft werden.

Notfallsystem ist extreme Belastung

Das jetzt ausgelöste Notfallprogramm durch das Versagen der Sojus-Rakete gehört zum Astronauten-Überlebenstraining. So werden Notlandungen in unbewohnten Regionen oder sogar im Wasser trainiert. Das Rettungssystem für die Sojus-Kapsel ist zweistufig aufgebaut. Gibt es ein Versagen der Rakete noch auf der Startplattform oder kurz nach dem Start, wird eine an der Spitze der Rakete montierte Rettungsrakete gezündet, die die Kapsel aus der Gefahrenzone befördert.

Nach etwa 160 Sekunden Flug wird dieses System aber abgesprengt. Dann erfolgt in einem Gefahrenfall, wie jetzt, eine Trennung der Kapsel von der Rakete, weil sie hoch genug ist, um dann am Fallschirm zu landen. Die Überwachung läuft automatisch, kann aber auch von Hand ausgelöst werden. Die russischen Experten sind stolz darauf, dass es für das Auslösen des Notfallprogramms keine „black zones“ gibt, also Flugphasen, wo das System nicht aktiviert werden könnte.

Die Notfallprozedur bedeutet jedoch eine extrem körperliche Belastung für die Besatzung. Als im April 1975 ein Sojus-Flug nach knapp fünf Minuten Flug abgebrochen wurde, musste die Besatzung kurzfristig das 21-Fache ihres Körpergewichtes beim Eintauchen in die Erdatmosphäre aushalten. Auch 1972 gab es ein Versagen einer bemannten Sojus-Mission.

Besatzung könnte ISS im Notfall verlassen

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Wie hoch jetzt die Belastung für die beiden Astronauten war, ist noch nicht bekannt. Bereits kurz nach der Landung der Kapsel wurde eine Funkverbindung zu den Astronauten aufgebaut. Den beiden gehe es gut, teilten die Raumfahrtagenturen der USA und Russlands mit. Für den Amerikaner wäre es der erste Raumflug gewesen. Owtschinin war bereits sechs Monate an Bord der ISS.

Zu den großen Fragen gehört jetzt, wie lange weitere bemannte Flüge zur ISS aus Sicherheitsgründen unterbrochen werden, um die Fehlerursache zu ermitteln. Dies könnte theoretisch dazu führen, dass die jetzige ISS-Besatzung – und damit auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst – länger an Bord bleiben muss, damit die Station weiterhin bemannt bleibt.

Es ist noch eine Sojus-Kapsel an der ISS angedockt, also könnte die jetzige Besatzung notfalls die ISS verlassen. Außerdem kann die Station weiterhin mit Lebensmitteln und Sauerstoff durch unbemannte Kapseln versorgt werden. Erst jüngst dockte ein japanischer Versorger an.

Sojus-Kapsel mit Astronauten und Kosmonauten an Bord gelandet

Die drei Raumfahrer hatten fast 200 Tage auf der Internationalen Raumstation ISS verbracht. Das Sojus-Landemodul setzte nach fast 4 Stunden Flugzeit nahe der Stadt Scheskasgan in Kasachstan auf.

Quelle: Reuters

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