Verschickt der Bund bald feministische Hashtags?

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GleichstellungVerschickt der Bund bald feministische Hashtags?

Nach Schwedens Vorbild wollen linke Politiker mit einem feministischen Handbuch nachziehen. Bürgerliche warnen vor Moralismus.

B. Zanni
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B. Zanni

Schweden ist seit 2014 das erste Land, das offiziell eine feministische Politik verfolgt. Am Donnerstag bekräftigte die Vorzeigenation für Gleichstellung dies mit der Veröffentlichung eines Handbuchs für feministische Aussenpolitik. Es soll anderen Staaten oder NGOs als Hilfsmittel zugunsten der Gleichstellung und der Grundrechte aller Frauen und Mädchen dienen. Im Zentrum steht ein rund 100 Seiten langer Leitfaden mit Schwedens Methoden und Erfahrungen zum Thema Gleichberechtigung.

Auch die schwedische Aussenpolitik soll sich nach feministischen Grundsätzen richten. Etwa überprüft das schwedische Aussenministerium, ob Veranstalter, Delegationen und Verhandlungsteams Frauen und Mädchen fördern. Als erfolgreich erwiesen hätten sich zudem Hashtags und Social-Media-Beiträge des Aussenministeriums, die auf die Gleichstellung aufmerksam machen, wie es im Handbuch heisst. #Morewomenmorepeace etwa hatte das Ziel, die Rolle der Frauen in der Friedensförderung und in Friedensverhandlungen zu stärken. Zudem setzt sich Schweden in Form von internationalen Engagements für Frauenrechte und Gleichstellung ein. Unter anderem hat die feministische Aussenpolitik laut dem Handbuch dazu beigetragen, dass in Bolivien für Frauen mit wenig Mitteln über 500 Jobs geschaffen worden sind.

«Frauenrechte werden der Wirtschaft untergeordnet»

Linke Politiker fordern, dass auch die Schweiz mit einem solchen Handbuch nachzieht. Sibel Arslan, Nationalrätin der Grünen, sagt, sie prüfe einen entsprechenden Vorstoss. «Ein Handbuch würde dazu beitragen, dass wir von der Problemdefinition zu konkreten Massnahmen übergehen», sagt Arslan. Sie fände es toll, wenn auch die Schweizer Aussenpolitik mit Hashtags auf die Frauenrechte aufmerksam machen würde. «In der Aussenpolitik und in der Aussenwirtschaftspolitik hinken wir bei der Gleichstellung ziemlich nach.»

Laut Arslan sind beim Kriegsmaterialexport oft Frauen betroffen, Guidelines oder Strategien fehlen jedoch. Auch kritisiert sie, dass Bundesrat, Parlament und viele Gremien oft von Männern geprägt sind. «Ein Handbuch würde Männer, die oft gar nicht aus bösem Willen Gleichstellungsfragen ausklammern, für diese Themen sensibilisieren.» SP-Nationalrat Cédric Wermuth unterstützt dieses Ansinnen: «Was Gleichstellung und Frauenrechte angeht, ist die Schweiz enorm im Rückstand.» Die Schweiz stelle ihren wirtschaftlichen Erfolg in vielen Bereichen über die Menschen- und die Frauenrechte. «Mit Kriegsmaterialexporten und internationalen Freihandelsabkommen unterstützen wir Länder, in denen Frauen unterdrückt werden.» Mit einem Handbuch für feministische Aussenpolitik würde der Bund in Zeichen setzen, dass ihm die Frauenrechte nicht egal seien.

«Handbuch wäre eine Katastrophe»

Bürgerliche Aussenpolitiker überzeugt die Idee eines solchen Handbuchs nicht. «Darin sehe ich nicht mehr als eine Alibiübung, die kaum jemand lesen wird», sagt FDP-Nationalrat Walter Müller. Gleichberechtigung müsse man im Alltag leben und bei Fehlentwicklungen sofort reagieren. «Viel Potenzial sehe ich, wenn es um die Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen geht.» Dort würden Frauen nicht immer respektvoll behandelt.

SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel sagt: «Ich hoffe, dass wir nicht ins Fahrwasser der Moralisten kommen. Ein solches Handbuch wäre eine Katastrophe.» Brüste sich ein Staat mit seiner Politik, komme dies in anderen Ländern nicht gut an. Zudem wirke sich dies auf die Frauenrechte kontraproduktiv aus: «Es besteht die Gefahr von Quotenfrauen.» Laut Büchel wäre dies ein Rückschritt. «Bei uns setzen sich Frauen zum Glück wegen der Qualität durch – und nicht auf Befehl der Obrigkeiten.»

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