Soll die Schweiz in Afrika Bahnstrecken bauen?

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EntwicklungshilfeSoll die Schweiz in Afrika Bahnstrecken bauen?

China hat in Kenia für rund 3,8 Milliarden Dollar eine neue Eisenbahnstrecke gebaut. Ein guter Ansatz für die Schweizer Entwicklungshilfe, findet eine CVP-Politikerin.

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«Warum baut die Schweiz keine Eisenbahnstrecken in Afrika?» Mit dieser Frage machte die CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter am Montag per Twitter-Post auf sich aufmerksam. Darin verwies sie auf einen Artikel der NZZ, der den Eisenbahnbau in Kenia durch China thematisiert. Der Madaraka-Express fährt von Nairobi nach Mombasa, der Hafenstadt, die auch als Kenias Tor zur Welt bezeichnet wird und ein zentraler Handelspunkt ist. Die Eisenbahnstrecke in Kenia ist Teil der sogenannten «Belt and Road Initiative», mit der China zentralasiatische und ostafrikanische Staaten in den Welthandel einbinden will.

Für Schneider-Schneiter eine schlaue Strategie: «Eine durchdachte Eisenbahn ist sehr zentral für die Infrastruktur und die Wirtschaft in Entwicklungsländern», sagte sie zu 20 Minuten. Auch Schweizer Unternehmen könnten ihre Technologien und ihr Know-how vor Ort in afrikanischen Entwicklungsländern einsetzen, um die dortige Infrastruktur zu verbessern. Laut der Aussenpolitikerin könnten so nachhaltige Handelsbeziehungen aufgebaut werden, die auch der Schweiz zugutekämen. «Es geht nicht um ausbeuterische Machtpolitik à la China.»

«Effiziente Entwicklungshilfe basiert auf einer Win-win-Situation»

«Langfristige und effiziente Entwicklungshilfe soll auf einer Win-win-Situation basieren», sagt Schneider-Schneiter. Der Bau einer Eisenbahnstrecke sei ein gutes Beispiel, weil vom Handel beide Seiten profitieren würden. «Dabei sollten jedoch nicht bloss alte SBB-Züge nach Afrika geliefert werden, sondern vor Ort mit Schweizer Know-how etwas aufgebaut werden.» Gemäss der Nationalrätin ist es zwingend, den Privatsektor in die Entwicklungshilfe einzubeziehen. Afrika sei ein Markt, der Chancen biete. «Es geht darum, in der Schweizer Entwicklungspolitik ein neues Fundament zu setzen. Die gegenwärtige Schweizer Entwicklungshilfe ist eine Einbahnstrasse», sagt die Nationalrätin.

Schneider-Schneiter will nicht mehr Geld in die Entwicklungshilfe stecken, sondern neue Schwerpunkte setzen: «Die Schweiz lässt heute blind Gelder in viele beliebige Entwicklungsländer fliessen, selbst wenn dubiose Regierungen an der Macht sind. Wichtig ist, dass wir nur noch in jene Staaten investieren, die bereit sind, gegen Korruption vorzugehen und ihre Menschenrechtslage zu verbessern», so die CVP-Politikerin.

«Entwicklungsgelder für die Ärmsten der Armen»

Roland Rino Büchel, SVP-Nationalrat, bezeichnet die Vorstellung einer Schweizer Eisenbahn in Afrika als «Träumerei». Der SVP-Nationalrat will wie seine Partei bei der Entwicklungshilfe kürzen. «Verstärkte Hilfe vor Ort lehne ich nicht ab, der Aufbau von Infrastruktur in Staaten wie Kenia ist jedoch nicht Sache der Entwicklungshilfe. Wenn schon müssten private Firmen investieren. Er selber habe in verschiedenen afrikanischen Staaten gearbeitet und kenne die Zustände. Der Aussenpolitiker bezeichnet eine Handelspartnerschaft der Schweiz mit afrikanischen Entwicklungsländern als äusserst unrealistisch. «China hat bereits 2001 Fussballstadien in Mali gebaut, der Schweiz aber fehlen schlicht die Mittel. Wir sind kein Grossinvestor», sagt Büchel.

Zora Schaad, Medienverantwortliche der Entwicklungsorganisation Swissaid, verweist darauf, dass Entwicklungshilfe idealerweise stets Hilfe zur Selbsthilfe sein sollte. Sie sei nicht per se gegen den Bau von Eisenbahnstrecken, die Interessen von Schweizer Konzernen dürften dabei aber nicht im Vordergrund stehen. Besonders wichtig für erfolgreiche Entwicklungshilfe sei die Orientierung an den Bedürfnissen der Zivilbevölkerung. «Entwicklungszusammenarbeit muss auf Augenhöhe mit der lokalen Bevölkerung stattfinden. Die Schweizer Entwicklungsgelder dürfen nicht in Prestigebauten für afrikanische Regierungen fliessen, sondern sollen den Ärmsten der Armen zugutekommen», sagt Schaad.

Die Schweizer Entwicklungshilfe 2017

Im Jahr 2017 betrug die öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz 0,46% des Bruttonationaleinkommens. Das entspricht 3049 Millionen Franken. Der Löwenanteil fliesst in die Entwicklungszusammenarbeit und in die humanitäre Hilfe. Unterstützt werden aber auch die EU-Oststaaten. 235 Millionen flossen direkt in die Kassen von UNO-Hilfsorganisationen, 417 Millionen gingen an internationale Finanzierungsinstitutionen wie beispielsweise der Afrikanische Entwicklungsfond, der rund 78 Millionen Franken bekam. Im Rahmen der bilateralen Entwicklungshilfe flossen insgesamt rund 484 Millionen Franken nach Afrika. Kenia erhielt 8 Millionen Schweizer Franken.

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