Gewalt an Frauen ist laut SVP Schuld der Ausländer

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PositionspapierGewalt an Frauen ist laut SVP Schuld der Ausländer

Ausländer sind in der Kriminalstatistik übervertreten. Die SVP präsentiert Forderungen. Das sei reiner Wahlkampf, sagen Kritiker.

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Die SVP schlägt Alarm. Messerstechereien, Schlägereien und Gewalttaten häuften sich. «Es gibt immer mehr unschuldige, wehrlose Opfer», sagte Nationalrat Mauro Tuena vor den Medien. «Vor allem Frauen fürchten sich mittlerweile vorwiegend abends im öffentlichen Raum.» Die zunehmende Gewalt sei hauptsächlich ein Ausländerproblem: «Das zeigen die Kriminalstatistiken.» Über 50 Prozent der Straftaten gegen Leib und Leben würden demnach von Ausländern begangen – bei einem Ausländeranteil von 25 Prozent.

Gravierende sexuelle Übergriffe auf Frauen würden zunehmen, so die SVP in einem Positionspapier. «Die Gewalt ist zu weiten Teilen importiert.» Nicht nur bei Sexualdelikten, auch bei häuslicher Gewalt seien ausländische Beschuldigte in der Überzahl. «Gewaltdelikte und sexuelle Übergriffe haben massiv zugenommen. In diesen Kategorien haben Ausländer eine führende Rolle», so die SVP. Sie fordert nun unter anderem die Einbürgerung auf Probe, Freiheitsstrafen von bis zu 60 Jahren und eine konsequente Ausschaffung von Straftätern (siehe Box).

Werden Delikte eher angezeigt?

Ausländer sind im Vergleich zu ihrer Bevölkerungszahl bei Gewalt- und Sexualdelikten tatsächlich übervertreten. Bei den Beschuldigten betrug der Ausländeranteil gemäss der Polizeilichen Kriminalstatistik 2018 60 Prozent bei Tötungsdelikten und Vergewaltigungen, 53 Prozent bei schwerer Körperverletzung und 50 Prozent bei sexueller Nötigung.

Bei der SP kommt die Offensive der SVP nicht gut an. «Die Partei ist auf der Suche nach Themen für den Wahlkampf», sagt Nationalrätin Barbara Gysi. «Dass sie wieder bei den Migranten landet, überrascht mich nicht.» Dass der Ausländeranteil bei Gewalt- und Sexualdelikten hoch sei, hänge auch damit zusammen, dass Delikte eher angezeigt würden, wenn Ausländer Täter seien.

SP hat 5-Punkte-Plan

Gewalt komme in allen Schichten und Nationen vor. Das wisse sie, da sie lange selbst in einem Frauenhaus gearbeitet habe. «Die Erklärung, dass Gewalt ein Problem der Zugewanderten ist, ist zu einfach.» Sie wolle das Problem aber nicht verniedlichen. «Es braucht viel mehr Prävention. Drakonische Strafen bringen nichts.» Die SP setze stattdessen auf ihren 5-Punkte-Plan, der etwa Präventionskampagnen, mehr Beratungsangebote und gleichstellungspolitische Massnahmen vorsieht (siehe Box).

Dass sich die SVP nun dem Schutz der Frauen verschreibe, sei nicht glaubwürdig. «Im Parlament stimmt die Partei häufig gegen den Schutz vor Frauen. Wenn es darum geht, die Rolle der Frauen in der Gesellschaft zu stärken, ist die SVP weit weg. Auch ihr eigener Umgang mit Frauen ist haarsträubend.» Einerseits gebe es in der SVP wenige Frauen, andererseits sei ihr Umgang mit Frauen in Machtpositionen, wie etwa den Bundesrätinnen, skandalös und die Rollenbilder der Partei veraltet.

«Hemmschwelle ist tiefer»

Auf offene Ohren stösst das Programm der SVP hingegen bei Babette Sigg, der Präsidentin der CVP-Frauen. «Die Sicherheitslage hat sich verschlechtert», sagt sie. Insbesondere in der Nacht und für Frauen sei das ein Problem. «Sie trauen sich weniger auf die Strassen. Das darf nicht sein.» Es gebe kaum einen Tag ohne Schlägerei oder Übergriff. «Die Hemmschwelle ist tiefer geworden, Messer werden schneller eingesetzt», so Sigg.

Bei Einbürgerungen solle genauer hingeschaut werden. Es komme sogar vor, dass Anträge aus Angst vor Übergriffen durchgewinkt werden. Deshalb begrüsse sie die Einbürgerung auf Probe. «Wer mit einem Gewaltdelikt aufgefallen ist, soll nur auf Probe den Pass erhalten.»

«Jetzt ist Wahlkampf»

Dass der Ausländeranteil bei Gewaltdelikten hoch sei, könne man auf kulturelle Gründe zurückführen. «Viele gewalttätige Männer kommen aus Kulturkreisen, in denen der Mann kräftig und stark sein und das mit allen Mitteln zeigen muss. Respekt gegenüber Frauen ist unbekannt. Diese Männer sind oft gewaltbereit.» Zudem hätten sie häufig ein eher tiefes Bildungsniveau. Allerdings handle es sich nur um eine kleine Anzahl von Delinquenten, die meisten Ausländer wollten sich integrieren, viele verhielten sich vorbildlich.

Angesetzt werden müsse bei der Integration. Parallelgesellschaften müssten mit Vehemenz und Konsequenz verhindert werden. Es sei selbstverständlich, dass alle am Schulunterricht teilnehmen würden, so Sigg. «Wer sich nicht integriert, kann nicht hierbleiben.» Einen Zweifel teilt Sigg allerdings mit SP-Frau Gysi: «Der SVP nehme ich ihr Engagement nicht ab. Bisher hatte der Schutz von Frauen für die Partei keine Priorität. Jetzt hat der Wahlkampf begonnen.»

Rezepte gegen die Gewalt

Die SVP hat am 13. August ein Positionspapier präsentiert, das die Einbürgerung auf Probe vorsieht. Doppelbürgern soll nach Einbürgerung während fünf Jahren der Pass wieder entzogen werden können. Schwere Gewaltverbrecher sollen härter bestraft werden mit Freiheitsstrafen bis zu 60 Jahren, «Ghetto-Kids», also kriminelle Jugendliche, sollen im Bagatellbereich streng verwarnt werden. Die SP will Gewalt an Frauen mit einem Fünf-Punkte-Plan bekämpfen. Dieser sieht eine Präventionskampagne unter dem Titel «Nein heisst Nein», die Stärkung von Beratungs- und Therapieangeboten, die Stärkung von Frauenhäusern, die Schaffung einer unabhängigen Beobachtungsstelle und die Umsetzung gleichsetzungspolitischer Massnahmen vor.

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