Salz ist gar nicht so schlimm wie behauptet

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Neue StudieSalz ist gar nicht so schlimm wie behauptet

Salz stand jahrelang im Verdacht, Herzinfarkte und Schlaganfälle zu begünstigen. Eine neue Studie rehabilitiert es nun. Wird unser Brot also bald wieder salziger?

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Wo es am meisten Salz drinhat, erfahren Sie im Video.

Neun Gramm Salz konsumieren Herr und Frau Schweizer durchschnittlich pro Tag, Männer etwas mehr als Frauen. Das liegt deutlich über der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Schweizerischen Herzstiftung, die den Salzkonsum auf fünf Gramm pro Kopf und Tag senken möchten. Denn: Salz erzeuge Bluthochdruck, führe so zu mehr Herzinfarkten und Hirnschlägen und erhöhe das Risiko, früher zu sterben. Hiess es bis jetzt.

Eine kanadische Studie mit knapp 100'000 Teilnehmern aus 18 Ländern lässt nun Zweifel daran aufkommen, ob Salz tatsächlich der todbringende Übeltäter ist, als der es bisher verteufelt wurde. Denn das Forscherteam um Andrew Mente und Salim Yusuf von der McMaster University in Hamilton kommt zum Schluss: Auch in grösseren Mengen von bis zu 12 Gramm pro Tag ist Salz gesundheitlich unbedenklich, wie der «Tages-Anzeiger» unter Berufung auf das Ärzteblatt «The Lancet» berichtet.

«Sehr sorgfältige Studie»

Es kommt noch dicker: Bei den Probanden, die im Durchschnitt acht Jahre lang beobachtet wurden, sorgte ein höherer Salzkonsum für ein geringeres Herzinfarktrisiko und ein geringeres Risiko, frühzeitig zu sterben. Erst ab einer täglichen Menge von 13 Gramm stieg das Risiko, einen Hirnschlag zu erleiden – dies betraf aber vor allem Menschen aus China.

Die Ergebnisse müsse man ernst nehmen, handle es sich doch um eine «sehr sorgfältige Studie, an der es sehr wenig zu kritisieren gibt», sagte Franz Messerli, Professor für Medizin an der Universitätsklinik für Kardiologie am Inselspital Bern, gegenüber Orf.at. Zwar bestätige auch diese Untersuchung eindeutig, dass mit dem Salzkonsum der Blutdruck ansteige. Jedoch sei der Blutdruck letztlich nur ein Ersatz-Endpunkt; die wirklichen Endpunkte seien Schlaganfall, Herzinfarkt und die Sterblichkeit.

«Und wenn wir diese ansehen, dann zeigt sich: Selbst bei sehr hohem Salzkonsum – wie zum Beispiel in China – steigt weder das Risiko für Herzinfarkte noch die Gesamtmortalität. Ein hoher Blutdruck scheint sich also nicht auf Herzinfarkte und die Sterblichkeit auszuwirken», so Messerli. Er nimmt an, dass die WHO und andere Organisationen nun ihre Leitlinien anpassen werden.

Bund hält an seiner Strategie fest

Werden Gebäck und Convenience-Produkte also bald wieder salziger, nachdem sich der Bund mit seiner «Salzstrategie» während Jahren für eine Reduktion des Salzkonsums eingesetzt hat? Man werde die Studie genauer anschauen, könne im Moment aber noch kein detailliertes Urteil abgeben, heisst es dazu beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV.

Ganz allgemein zeige die Studie aber, was man schon lange wisse: Ein erhöhter Salzkonsum führe zu einem erhöhten Blutdruck. «Wenn ein erhöhter Blutdruck nicht unbedingt einen Herzinfarkt zur Folge hat, ist das vor allem den Medikamenten zu verdanken, die in solchen Fällen verabreicht werden», sagt BLV-Sprecherin Eva van Beek. «Das verursacht Kosten.»

Kurzfristig werde der Bund nicht von seiner Strategie zur Salzreduktion abweichen. Die Schweiz habe jedoch den Lead im European Salt Action Network der WHO Europa. «Im September ist eine Sitzung geplant, an der wir dieses Thema mit den europäischen Partnern aufgreifen werden», so van Beek.

Migros hält sich an Leitlinien des BLV

Auch die Grossverteiler geben sich noch zurückhaltend. «Wir werden die Resultate der Studie prüfen», lässt die Migros ausrichten, die in den letzten Jahren den Salzgehalt von Fertiggerichten, Suppen, Brotwaren und Saucen gesenkt hat. Man orientiere sich an der Haltung des BLV und des Bundesamtes für Gesundheit BAG. «Sollte sich die Haltung des BLV respektive des BAG ändern, werden wir selbstverständlich ebenfalls unsere Strategien überprüfen», sagt Sprecherin Martina Bosshard.

Bei Coop heisst es, man habe die Studie noch nicht im Detail gesichtet und könne daher «zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Einschätzung zu den Resultaten abgeben».

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