Schweizer konsumieren 5 Tonnen Kokain pro Jahr

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Drogen-StudieSchweizer konsumieren 5 Tonnen Kokain pro Jahr

Der Kokainkonsum zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Laut einem Experten wird die Droge europaweit immer populärer – so auch in der Schweiz.

D. Krähenbühl
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D. Krähenbühl

Es wird Powder, Schnee, Charlie oder Koks genannt, man erhält es im Club, per Taxi oder vom Nachbarn: Kokain ist mittlerweile zur Alltagsdroge geworden. Eine Studie der Universität Lausanne, des Universitätsspitals Lausanne und von Sucht Schweiz zeigt nun, dass der Kokainmarkt in der Schweiz nach Cannabis bei weitem der grösste Markt für Betäubungsmittel ist: Geschätzte 5 Tonnen Kokain werden jedes Jahr in der Schweiz konsumiert.

«Kokain wird sowohl von Managern als auch von Hausfrauen, Lehrern oder Köchen aus allen sozialen Schichten konsumiert», sagt Frank Zobel, Vizedirektor von Sucht Schweiz. Rund 80 Prozent der Kokainkonsumenten seien jedoch Wenigverbraucher und würden nur geringe Mengen einnehmen. «Die restlichen 20 Prozent koksen viel mehr, im Durchschnitt um ein halbes Gramm pro Tag», sagt Zobel.

Viel zu verlieren

Die Gruppe der Vielkonsumierenden lasse sich in zwei Gruppen aufteilen. Zur ersten Gruppe gehören randständige Drogenabhängige: Sie kaufen das Kokain auf der Strasse, in schlechter Qualität und immer dann, wenn sie das Geld dazu haben. Laut Zobel gleicht der Kauf auf der Strasse einer Lotterie: «Unsere Tests ergaben teilweise einen Reinheitsgrad von 0 bis über 70 Prozent – einiges davon will man sich nicht in die Nase ziehen.»

Zur zweiten Gruppe gehören die integrierten Drogenkonsumenten, mit Familie und Job. «Bei ihnen gehört das Schnupfen einfach dazu: Vor einer wichtigen Präsentation im Job, im Ausgang mit den Freunden oder beim Sex», sagt Zobel. «Das ist wie Doping, um es durch das stressige Leben zu schaffen.» Diese Personen hätten auch das Geld dazu und gehörten zur besten Kundschaft der Dealer.

«Die dreckigste Droge»

Laut Zobel seien die Studienleiter von der Fragmentation des Kokainmarktes in der Schweiz überrascht worden: «Westafrikaner dominieren den Markt seit Anfang 2000, es gibt Lateinamerikaner aus den Kokain-Herkunfts- oder Transitländer, ehemalige heroindealende Albaner, aber auch Europäer, die herausgefunden haben, dass sich damit Geld machen lässt.» Kokain werde europaweit immer populärer – so auch in der Schweiz.

Die meisten Konsumenten würden jedoch ausblenden, wie das Kokain den Weg in die Schweiz gefunden habe. «Kokain gehört zu den dreckigsten Drogen, die es gibt», sagt Zobel. «Es gibt Umweltverschmutzungen durch die Laboratorien im Dschungel, ausgebeutete Personen, die säckchenweise Koks schlucken und dabei ihr Leben oder lange Haftstrafen riskieren.» Wenn sie es überlebten, wandere das oft mit Wurmmitteln gestreckte Kokain vom Darm in die Hände des Dealers. Er hält fest: «Die saubere ‹pure white line› ist ganz klar eine Illusion.»

«Unproblematischer Alkoholkonsum»: Richtlinien angepasst

Höchstens zwei Glas für Männer und höchstens eines für Frauen pro Tag: Die Eidgenössische Kommission für Alkoholfragen (Ekal) hat ihre Empfehlungen für einen risikoarmen Alkoholkonsum nach unten korrigiert. Den Ausschlag gaben wissenschaftliche Erkenntnisse. Gesunde Männer sollten demnach nicht mehr als zwei Standardgläser Alkohol pro Tag zu sich nehmen, gesunde Frauen höchstens eines.

Ausserdem sollen jede Woche mehrere alkoholfreie Tage eingeschaltet werden. Mit Standardglas ist die in einem Restaurant normalerweise ausgeschenkte Alkoholmenge gemeint, also eine Stange Bier, ein Glas Wein oder ein Gläschen Schnaps. Ein Standardglas enthält in der Regel 10 bis 12 Gramm reinen Alkohol.

Die Auswirkungen des Kokainkonsums

Bei häufigem Konsum von Kokain droht laut Zobel eine psychische Abhängigkeit. «Es ist ein Zyklus: Man nimmt es und fühlt sich super, man fühlt sich smart und von allen geliebt.» Wenn die Wirkung der Droge nachlässt, folge eine «Mini-Depression», in der man sich unwohl und schlecht fühlt. Also greife man wieder auf die Droge zurück.

Zu den Risiken gehörten zudem Herz- und Kreislaufprobleme, Angststörungen oder psychische Störungen mit paranoiden Wahnzuständen oder Depressionen. Das Streckmittel im Kokain – ein Mittel gegen Fadenwürmer – hätten in gewissen Mengen auch toxische Eigenschaften auf den Körper.

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