«Gewalt gegen Schwule ist alltäglich»

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Homophobie«Gewalt gegen Schwule ist alltäglich»

D. G. wurde verprügelt, weil er einen Freund küsste. Beleidigungen, Spuckattacken oder gar körperliche Angriffe sind mittlerweile normal, sagt Roman Heggli von Pink Cross.

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Eine deformierte Nase, ein blaues Auge, zwei abgebrochene Zähne: Für D. G.* (26) und einen Freund endete der letzte Freitagabend im Spital, nachdem sich fünf Unbekannte am küssenden Paar gestört und es angegriffen hatten: «Sie sagten uns, wir seien Schwuchteln, Arschlöcher und Missgeburten», sagt G. Nur kurz darauf wurden sie verprügelt und mittelschwer am Kopf verletzt (20 Minuten berichtete).

Es ist nicht der erste Angriff auf Schwule oder LGTB-Exponenten in Zürich: Erst im Juni wurden Micha Finkelstein (29) und sein Mann nach der Gay Pride von drei Jugendlichen attackiert. Und im Mai randalierten Schwulenhasser bei einem Infostand, der über LGBT-relevante Themen aufklären sollte. «Diese Fälle sind erschütternd, aber nur die Spitze des Eisbergs», sagt dazu Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross. Spuckattacken, Beleidigungen, Anrempeln oder körperliche Angriffe kämen häufiger vor: «Gewalt gegen Schwule, Lesben oder Transmenschen sind mittlerweile leider alltäglich geworden.»

Hate-Crime-Statistik gefordert

Weil es bisher keine gesetzlichen Bestimmungen gebe, die LGBT-Personen vor Diskriminierung schützten, hätten einige Leute das Gefühl, sie dürften diese Leute ungestraft beleidigen oder gegen sie hetzen, sagt Heggli. «Weil bis jetzt solche homophoben Übergriffe gegen homosexuelle Menschen nicht statistisch erfasst werden, ist es aber schwierig, die Zunahme sogenannter Hate-Crimes zu beweisen. Am Montag werde der Nationalrat über die statistische Erfassung der Hate-Crimes diskutieren, so Heggli. «Und wir hoffen, dass das Parlament das Problem endlich anerkennt.»

Pink Cross hat auch darum eine Petition lanciert, die den Nationalrat zum Handeln aufruft. Im Februar werde zudem das Stimmvolk darüber abstimmen können, ob der Aufruf zu Hass oder Hetze aufgrund der sexuellen Orientierung unter Strafe gestellt wird.

Bei den pöbelnden, fluchenden und teilweise gewaltbereiten Personen, die gegen LGBT-Exponenten hetzen, handle es sich oft um Gruppen junger Männer, die abends völlig durchdrehten, wenn sie Schwule sähen, sagt Heggli. «Sie definieren sich sehr stark über ihre Männlichkeit. Durch die Abgrenzung zu Schwulen versuchen sie, männlicher zu wirken.» Einen Zusammenhang mit dem kulturellen Hintergrund der Täter sehe er aber nicht: «Ausserdem ist das ohne Statistik auch nicht zu beweisen.»

«Täter müssen zum Motiv befragt werden»

Die Polizei kann auf Nachfrage nicht bestätigen, dass es sich bei der tätlichen Auseinandersetzung am Freitagabend um einen homophoben Vorfall handelte. «Das ist erst möglich, nachdem wir den oder die Täter zu ihrem Motiv befragen konnten, die Täterschaft ist aber nach wie vor unbekannt», sagt der Sprecher der Stadtpolizei, Michael Walker. Die Ermittlungen laufen.

Die Stadtpolizei Zürich sucht derzeit nach Zeugen. In einer Medienmitteilung beschreiben sie den Vorfall als einen «verbalen Streit» und eine «anschliessende tätliche Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen». Die fünf gesuchten Männer sollen circa 25 Jahre alt und zwischen 170 und 180 cm gross sein.

*Name der Redaktion bekannt

LGBT+-Helpline

Wurdest du aufgrund deiner sexuellen Orientierung beschimpft, angespuckt, angerempelt oder angegriffen? Unter der Nummer 0800 133 133 können sich Opfer von homo- oder transphober Gewalt bei der LGBT+-Helpline melden und Vorfälle dokumentieren.

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