Braucht es Plastikfolien für Heftli?

Aktualisiert

UmweltverschmutzungBraucht es Plastikfolien für Heftli?

Die Verpackungen von Zeitschriften fordern jährlich Hunderte Tonnen Plastikabfall. Politiker fordern alternative oder gar keine Verpackungen.

B. Zanni
von
B. Zanni

Neun Millionen Tonnen Plastikabfall landen jedes Jahr in den Meeren. Mit der Kampagne «Planet or Plastic» nimmt das Magazin «National Geographic» den Kampf gegen die Plastikberge auf und geht auch gleich mit gutem Beispiel voran: Seine aktuelle Ausgabe verpackte es für die Abonnenten in den USA, im Vereinigten Königreich und Indien nicht mehr in Plastikfolie, sondern in einem Papiercouvert. Allein dadurch sollen pro Monat über 2,5 Millionen Plastikfolien gespart werden. Ziel ist, bis Ende Jahr alle globalen Ausgaben auf diese Weise zu verpacken.

Auch die Recycling-Dachorganisation Swiss Recycling hat die neuste Ausgabe ihrer Zeitschrift erstmals in einem Papieretui verschickt. «Plastik hat mittlerweile ein schlechtes Image. Viele Abonnenten reklamierten wegen der Plastikfolien», sagt Patrik Geisselhardt, Geschäftsführer von Swiss Recycling. In der Herstellung sei Papier aber nicht ökologischer als Plastikfolien. «Von Vorteil ist jedoch, dass somit weniger Plastikfolien im Altpapier landen.»

300 Tonnen Plastikfolien pro Jahr

Allein für Zeitschriften könnten pro Jahr rund 300 Tonnen Plastikfolien gespart werden. So viel verwendet etwa die Swissprinters AG, die führende Zeitschriftendruckerei der Schweiz. «Plastikfolien im Altpapier sind ein Problem», sagt Max Fritz, Direktor des Papierindustrieverbands ZPK. Bis zu einem gewissen Ausmass könne man Plastikfolien auflösen. «In grösseren Mengen ist dies aber nicht mehr möglich.»

Politiker setzen Schweizer Verlage und Unternehmen nun unter Druck. «Die Welt versinkt im Plastik. Deshalb ist es an der Zeit, dass Schweizer Verlage und Unternehmen nachziehen und auf die Plastikfolien verzichten», sagt SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal. Die Plastikfolien seien ein ökologischer Unsinn. «Zeitschriften, die Parlamentarier nicht interessieren, landen manchmal stapelweise inklusive Plastikfolie direkt im Altpapier.» Niemand denke dann daran, dass die Folien separat entsorgt werden müssten. Von Siebenthal geht noch einen Schritt weiter. «Am sinnvollsten wäre es, die Zeitschriften verpackungsfrei zu verschicken.» Ein ökologisches Band könne dafür sorgen, dass die Zeitschriften nicht zerknittern.

Auch Grünen-Nationalrat Bastien Girod sieht Handlungsbedarf. «Es wäre wünschenswert, wenn die Verlage ihre Zeitschriften in Papiercouverts statt Plastikfolien verpacken würden», sagt er. Plastikfolie und Zeitschrift bei der Entsorgung zu trennen, sei vielen Leuten zu aufwendig. Erste Priorität für den Umweltschutz hätten im Moment aber Plastikkleinteile wie Wattestäbchen und Strohhalme. «Diese sollten durch biologisch abbaubare Varianten ersetzt werden, da sie zu oft im Kompost oder Gewässer landen und diese verschmutzen.» Bei Plastikfolien seien die Umweltschäden geringer.

Verlage zeigen Interesse

Verlage zeigen sich offen. Die Tamedia AG, die auch 20 Minuten herausgibt, verschickt drei Abonnements-Zeitschriften in Plastikfolien. «Wir werden die Entwicklungen mit Interesse verfolgen», sagt Sprecher Christoph Zimmer. Tamedia sei kein grösserer Zeitschriften- oder Zeitungsverleger in der Schweiz oder Europa bekannt, der auf Papierverpackungen setze. «Die dazu notwendigen Verpackungskapazitäten wären im Markt auch nicht vorhanden.» Bei kleineren Auflagen, die von Hand verpackt werden, seien Papiercouverts eher realistisch.»

Ringier Axel Springer foliert sechs Abonnements-Zeitschriften. Sie überprüften ihre Versandarten kontinuierlich und schauten dabei auch Alternativen an, sagt Sprecherin Johanna Walser. «Unsere Analysen kommen zu dem Schluss, dass vorhandene Alternativen zum jetzigen Zeitpunkt aus Kostengründen am Markt noch nicht durchsetzbar sind.» Der Verlag halte Ausschau nach abbaubaren Folien.«Gegenüber einer gleichwertigen Alternative zu Folie wären wir sehr offen.»

Bundesrat will Plastik

Der Bundesrat hingegen hält an den Folienverpackungen fest. 2014 machte er darauf aufmerksam, dass Kunststoffverpackungen von Zeitschriften aus Gründen der Erkennbarkeit des Inhalts und des Schutzes vor Verschmutzung und Nässe gewählt werden. Auch seien die Folienverpackungen wesentlich kostengünstiger als der Versand in Papiercouverts. Laut dem Bundesrat weisen Verpackungen in Kunststofffolien eine rund 20 Prozent bessere Ökobilanz auf als der Versand in Couverts. Dabei berief er sich auf eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa. Laut Marco Pfister, Fachexperte für Plastik bei Greenpeace Schweiz, klammert diese Ökobilanz den Schaden durch den in die Umwelt gelangten Plastik jedoch aus.

Auch im verpackungsfreien Versand sah der Bund keine Alternative, da der vom Handel geforderte Schutz des Inhalts entfällt. «Entsprechende Vorschriften würden zudem einen unverhältnismässigen Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit darstellen.» Auch die Schweizerische Post verteidigt den verpackten Versand. «Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Verpackung die Zeitschriften wirksam schützt», sagt ein Sprecher.

Deine Meinung