Versicherung will Pyro-Opfer nichts bezahlen

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«Tendenz bei Versicherungen»Versicherung will Pyro-Opfer nichts bezahlen

Peter M. wurde Opfer eines Pyrowurfs. Trotz bleibender Schäden bezahlte seine Versicherung nichts. Das sei ein unerfreulicher Trend, sagt M.s Anwalt.

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Den Stadionbesuch beim Spiel Luzern gegen St. Gallen vom 21. Februar 2016 bezahlte Peter M.* (50) mit bleibenden Schäden. Ein heute 26-Jähriger warf vier pyrotechnische Gegenstände aufs Spielfeld. M. erlitt durch den Knall eines sogenannten Kreiselblitzes und den Funkenflug einen Hörschaden. Der Pyro-Werfer wurde im August 2017 zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten und einer Entschädigungszahlung von 12'000 Franken verurteilt.

Bei M. wurde ein Knalltrauma diagnostiziert, der Hörverlust auf seinem linken Ohr beträgt gemäss seinem Arzt 81 Prozent. Von seiner Unfallversicherung, der Swica, erhielt M. allerdings keinen Rappen. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass es sich um keinen Unfall handle, und begründete das mit einem Gutachten, das ein ETH-Forscher für sie erstellt hatte. Der detonierte Knallkörper habe demnach den Bereich für eine hörschädlichen Schallspitze nicht erreicht.

Swica fühlt sich nicht zuständig

Ein weiteres Gutachten, das für den Strafprozess gegen den Pyro-Werfer erstellt wurde, hielt allerdings fest, es sei «klar davon auszugehen», dass die Schädigung durch den Pyrowurf verursacht worden sei. Das imponierte der Swica nicht. Sie fühlt sich auch gar nicht zuständig: Die Diagnosen – eine Hörschädigung, ein Tinnitus und eine posttraumatische Belastungsstörung – seien keine, für die die Versicherung gemäss dem geltenden Gesetz zuständig sei.

Eine Einsprache gegen diesen Entscheid wies die Versicherung vor einem Jahr ab. M. gelangte ans Kantonsgericht Luzern. Dieses gab M. nun recht. Das Ereignis sei ein Unfall, entschieden die Richter am 6. Juni. Die Swica muss nochmals über die Bücher und M. eine Entschädigung von 3000 Franken bezahlen.

«Tendenz bei Versicherungen»

Sämi Meier, der Anwalt von M., sagt, es sei von Anfang an klar gewesen, dass es sich um einen Unfall im rechtlichen Sinn handle. «Ich bin vom Ausgang des Verfahrens keineswegs überrascht.» Der Versuch der Swica, sich der Leistungspflicht zu entziehen, sei gescheitert.

Er beobachte bei einigen Versicherungen die Tendenz, die Leistungspflicht auch in klaren Fällen zu verneinen – in der Hoffnung, die Versicherten würden sich nicht dagegen zur Wehr setzen oder den zeitlichen und finanziellen Aufwand für ein Verfahren scheuen. «Leidtragende sind die Versicherten. Sie müssen für die teuren Verfahren aufkommen und können währenddessen die ihnen zustehenden Leistungen nicht beziehen.»

Eine Swica-Sprecherin teilt auf Anfrage mit, die Versicherung werde das Urteil prüfen und danach über das weitere Vorgehen entscheiden. Bis dann äussere sich die Versicherung nicht weiter zum Fall.

*Name der Redaktion bekannt

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