SBB-Mitarbeiter können fiktive Namen tragen

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Nach ZwischenfällenSBB-Mitarbeiter können fiktive Namen tragen

Zugbegleiter fordern die Abschaffung der Namensschilder. Immer wieder soll es zu brenzligen Situationen gekommen sein. Die SBB bietet zum Schutz falsche Namen an.

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«Es kommt schweizweit immer wieder zu verbalen Angriffen gegen das Zugpersonal. Uns wurden mehrere Aussagen wie ‹Ich kenne deinen Namen. Ich weiss, wo du wohnst›, gemeldet», sagt Werner Rüegg, Regionalsekretär der Service-public-Gewerkschaft Transfair. Diese will die Namensschilder nun abschaffen. «Es ist ein Leichtes, online den Namen zu googeln und so an private Informationen zu kommen», so Rüegg. Seine Kollegin Gerardina Furlani kennt bereits solche Fälle: «Mir sind mehrere Vorfälle bekannt, in denen Zugbegleiter von wütenden Kunden über Social Media gestalkt wurden. Einmal stand sogar ein Kunde vor der Haustür der Mitarbeiterin.»

Doch nicht nur Zugbegleiterinnen werden durch das Namensschild angreifbar. Furlani berichtet auch von einem Zugchef, der deswegen schon mehrmals negative Erfahrungen gemacht habe. «Wenn er Betrunkene am Perron sieht, nimmt er sein Namensschild ab. Zu gross ist die Angst, im Zug deswegen angegangen oder nachher belästigt zu werden.»

Personalnummer mit Berufsbezeichnung statt Namen

Gefordert wird nun, dass die persönlichen Namensschilder durch neutrale ersetzt werden. In der Realität heisst das: «Die Zugbegleiter wollen statt ihres Namens nur noch ihre Personalnummer mit ihrer genaue Berufsbezeichnung auf der Tafel haben», erklärt Rüegg. Laut ihm wäre durch die Personalnummer eine Beschwerde genauso möglich wie mit dem vollem Namen.

Die SBB lehnt die Forderung ab: «Die SBB ist überzeugt, dass eine persönliche Betreuung der Fahrgäste einen wichtigen Beitrag zur positiven Kundenwahrnehmung leistet. Dazu gehört auch ein persönliches Namensschild mit Initiale, Nachnamen und Berufsbezeichnung», so Mediensprecher Raffael Hirt. Deswegen habe man besagte Petition abschlägig beantwortet.

Der Zugbegleiter heisst vielleicht anders als auf dem Schild

«Im Schnitt ereignen sich auf dem Netz der SBB alle zwei bis drei Tage ein Übergriff auf das Personal – dies bei täglich 1,26 Millionen Reisenden», so Hirt. Transfair befürchtet jedoch, dass die Dunkelziffer weitaus höher liegt. «Viele glauben nicht an den Gang zur Meldestelle und behalten den Vorfall für sich», sagt Rüegg.

Obwohl die Sicherheitslage in den letzten Jahren laut Hirt stabil blieb, sind einzelne Fälle «tendenziell gröber» geworden. «Seit einigen Jahren können Mitarbeitende, die negative Erfahrungen gemacht haben, ein Namensschild mit einem fiktiven Namen beantragen», erklärt Hirt. So würde das Unternehmen den Schutz der Mitarbeiter sichern.

Die SBB verurteilt jede Art von Übergriffen: «Jeder Übergriff wird wird konsequent zur Anzeige gebracht. Die einzige Ausnahme ist, wenn die betroffene Person das nicht möchte.» Hirt betont jedoch, dass SBB-Bahnhöfe und -Züge seit jeher zu den sichersten Bereichen im öffentlichen Raum gehören würden.

Tragen Sie im Job ebenfalls ein Namensschild? Haben Sie in Ihrem Beruf deshalb auch schon schwierige Situationen erlebt? Wurden Sie von Kunden gestalkt oder gar bedroht? Was halten Sie von den neutralen Ansteckern? Berichten Sie uns davon.

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