Klar nervt das, wenn schon der pünktliche Start in den Urlaub nicht klappt. Weil heute der Flug gestrichen wurde, sich am Flughafen die Massen knubbeln und keiner einem sagt, wann das nächste Flugzeug startet. Aber mal ganz ehrlich: Sind wir an diesem Schlamassel nicht auch selbst mit schuld?

Wenn an diesem Freitag die Piloten von Ryanair streiken und viele Menschen nicht wie geplant abfliegen können, hat das auch etwas mit unserem Kaufverhalten zu tun. Mit einer Geiz-ist-geil-Mentalität, die sich einen Dreck um die Folgen dieses Konsumverhaltens schert. Mit Passagieren, denen egal ist, für welche Löhne die Leute arbeiten, die sie durch die Luft fliegen, die ihnen das eingeschweißte Sandwich verkaufen oder zwischen Start und Landung noch schnell mal ein Parfum andrehen müssen. Und denen noch egaler ist, welche Wirkung das viele Fliegen auf die Umwelt hat.

Deutsche würden für ein billiges Ticket über Scherben kriechen, soll der Ryanair-Chef Michael O'Leary mal gesagt haben. An dem Satz stimmt wahrscheinlich nur eines nicht: Billigfliegen ist kein deutsches Phänomen. Längst ist überall in Europa eine Generation herangewachsen, die nicht mehr weiß, dass Fliegen für sie nur so billig ist, weil andere die Kosten tragen. Und deren Eltern das vergessen und verdrängt haben. All die werden jetzt durch die Streiks daran erinnert: Hey, wir sind auch da und wir wollen anständig bezahlt werden. Denn genau darum geht es den Ryanair-Piloten: um bessere Gehälter und mehr soziale Sicherheit – und das zu Recht. Leute, die einen sicher in die Luft und wieder runter bringen, sollten dafür anständig bezahlt werden. Sowohl Pilotinnen als auch Flugbegleiter.

Fliegen wird sogar subventioniert

Nicht protestieren kann die Umwelt, jedenfalls nicht mit Plakaten. Doch auch um die geht es – bei jedem Flug. Denn auch die ist Ryanair pupsegal. "Umweltschützer ärgern wir, wo immer wir können. Eigentlich müsste man die erschießen. Denn die wollen Fliegen so teurer machen, dass es wieder ein Privileg für die Reichen wird", hat Michael O'Leary auch mal gesagt. Schön brutal der Satz, nur leider stimmt auch diese Behauptungen nicht. Fliegen ist schon jetzt teuer – nur zahlen im Moment andere dafür: die Anwohner von Flughäfen, die durch den Feinstaub oder den Lärm krank werden. Die Bauern, denen durch den Klimawandel die Ernte verbrennt. Die Städter, die nicht mehr arbeiten können, weil es in den Büros unerträglich heiß wird. Oder der Steuerzahler, der dafür blechen muss, wenn in heißen Sommern immer häufiger die Straßen aufplatzen. Auch daran trägt das Fliegen eine Schuld, denn es beschleunigt den Klimawandel durch die Abgase. Nur zahlt dafür der Passagier nicht. Dessen Ticket wird sogar subventioniert, beispielsweise weil es auf Kerosin keine Steuern gibt, anders als auf Mineralöl.

Ach ja, bleibt noch die zweite falsche Behauptung: Es irrt auch, wer behauptet, dass höhere Ticketpreise vor allem die Armen treffen. Nicht die Armen fliegen ständig durch die Gegend, sondern die Mittelschicht: die Studentin, die mal eben in Barcelona mit Freunden feiern will. Das Ehepaar mit dem Ferienhaus auf Malle. Und ja, auch die Familie, die in Griechenland Urlaub machen will. Aber ob all denen der Verzicht von ein paar Drinks am Pool zugunsten etwas höherer Ticketpreise wirklich den Urlaub vermiesen würde? Ob deren Leben vermasselt wäre, wenn sie mal auf einen Flug verzichteten?

Wem die Umwelt nicht völlig schnurzpiepegal ist und die Leute auch nicht, der könnte den Streik zum Anlass nehmen, über das eigene Konsumverhalten nachzudenken. Und dann vielleicht ein bisschen Verständnis dafür entwickelt, dass die Tickets in Zukunft teuer werden müssen. Auch wenn's blöd ist: Sorry, Leute, guckt doch mal hin.