Politik

Anti-Terror-Kooperation: Russland kündigt Brüssel die Zusammenarbeit

Lesezeit: 2 min
27.07.2014 15:18
Moskau kündigt ein Ende der europäischen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität an. Auslöser dafür sind die neuen Sanktionen gegenüber Russland. Am Dienstag will Brüssel erstmals ganze russische Wirtschaftszweige in die Strafmaßnahmen einbeziehen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russland droht der EU wegen der neuen Sanktionen mit einem Ende der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität. „Die erweiterte Sanktionsliste ist ein klarer Beweis dafür, dass die EU-Staaten einen Weg beschreiten, der auf eine Abkehr von der Kooperation mit Russland in Fragen der internationalen und regionalen Sicherheit hinausläuft“, erklärte das Außenministerium in Moskau.

Die EU hatte unter anderem die Chefs der russischen Geheimdienste und einzelne Unternehmen auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Vermutlich am Dienstag will sie erstmals ganze russische Wirtschaftszweige in die Strafmaßnahmen einbeziehen.

Im Osten der Ukraine bemühten sich unterdessen unbewaffnete Polizisten aus den Niederlanden, Australien und Malaysia um Zugang zur Absturzstelle der malaysischen Boeing 777. Heftige Kämpfe in der Region verhinderten aber eine für Sonntag geplante Besichtigung des Absturzortes durch die Experten.

Bei der jüngsten Sanktionsrunde der EU wurde festgelegt, dass eventuelle Auslandsvermögen der Chefs des russischen Inlands- sowie des Auslandsgeheimdienstes, Alexander Bortnikow und Michail Fradkow, eingefroren werden. Zudem dürfen sie nicht in die EU einreisen. Außerdem finden sich auch 18 Unternehmen und andere Organisationen auf der jüngsten Sanktionsliste wieder. In US-Regierungskreisen hieß es, wenn die EU Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhänge, könnten auch die USA ihre Strafmaßnahmen nochmals verschärfen.

Als „neues Instrument der US-Außenpolitik“ bezeichnet Victoria Nuland den Finanzkrieg gegen Russland. Zudem nennt sie die Verunsicherung der Märkte als „ein Skalpell ... der europäischen und der US-Außenpolitik“. Die Amerikaner kämpfen vor allem um die Vorherrschaft des Dollar. Dafür ist ihnen jede Manipulation recht - offenbar auch ein offener Wirtschaftskrieg gegen Russland (mehr dazu hier).

Auslöser der neuen EU-Maßnahmen gegen Russland ist der mutmaßliche Abschuss eines Passagierflugzeugs der Malaysia Airlines über dem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet der Ukraine. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte der Süddeutschen Zeitung. „Nach dem Tod von 300 unschuldigen Menschen beim Absturz von MH17 und dem unwürdigen Treiben marodierender Soldateska an der Absturzstelle lässt uns das Verhalten Russlands keine andere Wahl.“

Das angeblich würdelose Verhalten der Separatisten gegenüber der Opfer des MH17 gilt als eines der neuen Argumente zur Begründung von Sanktionen. Doch der Augenzeugenbericht eines ORF-Reporters zeigt: Die Separatisten haben im Umgang mit den Leichen völlig korrekt gehandelt (mehr dazu hier).

Bislang liegen allerdings noch keine Beweise dafür vor, ob das Flugzeug abgeschossen wurde und wer dafür verantwortlich sein könnte. Sowohl die USA und die ukrainische Regierung als auch Russland und die Separatisten erheben immer wieder Vorwürfe, die kaum belegt und objektiv überprüft sind.

Über den Einsatz der ausländischen Polizisten an der Absturzstelle gebe es eine Vereinbarung mit dem Separatistenführer Alexander Borodai, teilte Malaysias Ministerpräsident Najib Razak am Sonntag mit. Polizisten der Niederlande und Australiens sind schon in der Ukraine, einige in der von Rebellen kontrollierten Stadt Donezk. Fast alle der 298 Todesopfer kamen aus den drei Ländern. Nach australischen Angaben sollen bis zu 49 Beamte die Absturzstelle sichern, in deren Umgebung es immer wieder zu Kämpfen kommt. Ukrainische Soldaten versuchen, die Separatisten aus dem Gebiet von Donezk und Luhansk zu vertreiben.

Nach Angaben von Diplomaten betrifft der EU-Plan für Wirtschaftsanktionen vier Bereiche: den russischen Zugang zu europäischen Finanzmärkten, Rüstungsgüter, sensible Technologien sowie sogenannte Dual-Use-Güter, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke genutzt werden können. Dabei sind die Interessen und Abhängigkeiten der EU-Staaten sehr unterschiedlich: Viele sind von Erdgaslieferungen aus Russland abhängig, andere wie Frankreich wollen laufende Rüstungsgeschäfte noch abwickeln oder zu heftige Rückwirkungen auf Kernbereiche der eigenen Wirtschaft verhindern. Die Sanktionen sollen daher den Gas-Sektor nicht einschließen und auch bei bestehenden Verträgen nicht greifen (mehr dazu hier).

Ein wesentliches Ziel der Sanktionen besteht offenbar darin, russischen Oligarchen gegen Putin aufzubringen. Der Bundesnachrichtendienst (BND) sieht nach einem Bericht des Spiegel Anzeichen für erste Brüche im Machtgefüge des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es sei möglich, dass einige der mächtigen Wirtschaftsführer bald schon wirtschaftliche über politische Interessen stellen und Putin zu bremsen versuchen, laute die Einschätzung des BND. In diesem Sinne forderte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Spiegel: „Vor allem müssen wir die Oligarchen treffen“.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...