Der Bürgerprotest gegen das Überwachungspaket wird vom Justizministerium per E-Mail gestoppt.
Der Bürgerprotest gegen das Überwachungspaket wird vom Justizministerium per E-Mail gestoppt.
© epicenter.works

Technisch

Bundestrojaner: Justizministerium blockiert Protest-Mails

Seit Montag werden die E-Mails der Datenschutz-NGO epicenter.works, die von ihrer Office-Adresse abgeschickt werden, vom Justizministerium blockiert. „Rejected for policy reasons“ kommt als Fehlermeldung an die NGO zurück. Über diese E-Mail-Adresse werden die Stellungnahmen zum geplanten Sicherheitspaket verschickt, die von zahlreichen Bürgern über ein Online-Formular auf überwachungspaket.at eingebracht werden.

Die NGO schickt im Namen der Bürger die Texte an das Parlament sowie ans Justizministerium, die zum Gesetzesentwurf des Sicherheitspakets Stellung beziehen – oftmals negative. Mit dem Online-Formular kann man als Bürger einzeln ankreuzen, welche der geplanten Maßnahmen man ablehnt. Auch der Text der Stellungnahme lässt sich individualisieren.

"E-Mails technisch gestoppt"

Die futurezone hat beim Justizministerium nachgefragt, ob es sich bei der Blockade der Office-Mail-Adresse um einen Zufall handelt – schließlich könnte eine E-Mail-Flut auch einen automatischen Spam-Filter aktivieren – oder ob es sich um eine technische Maßnahme handelt. Die Antwort hat ergeben, dass die E-Mails aktiv blockiert werden. „Die Vielzahl an gleichlautenden Stellungnahmen über die von epicenter.works zur Verfügung gestellte Schablone kann im Justizministerium aus Kapazitätsgründen nicht bearbeitet werden und ist daher kontraproduktiv, sodass der Eingang derartiger E-Mails technisch gestoppt werden musste“, antwortete die Medienstelle des Justizministeriums.

Das Justizministerium kritisiert außerdem die Art und Weise, wie die Datenschutz-NGO den parlamentarischen Prozess für ihr Anliegen verwendet. „Ein Begutachtungsverfahren dient dazu, inhaltliche Stellungnahmen zu einem Gesetzesvorschlag abzugeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein und dasselbe Argument einmal oder mehrmals eingebracht wird“, so das Ministerium. Statt den parlamentarischen Prozess zu fluten, hätte die NGO nach Ansicht des Justizministeriums Unterstützungserklärungen von Bürgern einsammeln sollen, die hinter ihrer Stellungnahme stehen.

Bürgerinitiative ignoriert

„Es wirft kein gutes Licht auf ein Ministerium, wenn es so mit Menschen umgeht , die ihre Meinung kundtun“, meint Werner Reiter von epicenter.works dazu. Die Organisation, die vormals „AK Vorrat“ hieß, hatte bereits eine erfolgreiche Bürgerinitiative organisiert, bei der sich mehr als 100.000 Bürger dafür ausgesprochen hatten, dass es eine Gesamtevaluation der in Österreich eingesetzten und geplanten Überwachungsmaßnahmen bräuchte.

„Es gab dazu nie eine offizielle Stellungnahme der Regierung und keine Reaktion. Wir haben uns deshalb bewusst entschieden, diesen Weg zu gehen und aufzuzeigen, dass viele Menschen nicht damit einverstanden sind, was gerade passiert“, erklärt Reiter. Derzeit haben sich bereits 4714 Bürger (Stand 19.7. 14 Uhr) am parlamentarischen Begutachtungsprozess beteiligt.

Protest via Stellungnahme

Der Gesetzesvorstoß sieht weitreichende Überwachungsmaßnahmen vor, wie etwa die Überwachung von verschlüsselter Kommunikation (Bundestrojaner), IMSI-Catcher, Netzsperren, eine Vorratsdatenspeicherung für Videoüberwachung, eine Vollüberwachung der Autofahrer sowie die Abschaffung anonymer Wertkarten.

Mit ihrer Stellungnahme haben die Bürger die Möglichkeit bekommen, ihren Protest gegen die geplanten Maßnahmen einfach auszudrücken. „Es geht uns vor allem um Usability, damit sich mehr Bürger einfach an demokratischen Prozessen beteiligen können“, erklärt Reiter. "Wir haben nachgesehen: Es gibt nicht wenige Menschen, die unsere Textvorschläge ergänzen oder editieren."

Laut der Medienstelle des Justizministeriums stehe es "selbstverständlich allen Bürgern und Institutionen offen, ihre Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren an das Justizministerium abzugeben. Ein einfaches Email an das Justizministerium oder das Parlament ist dafür ausreichend. Lediglich die Eingabemöglichkeit via epicenter works musste gestoppt werden, um die Kapazitäten für alle anderen Übermittlungswege aufrecht halten zu können."

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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