Smart Borders: EU-Gremien einigen sich auf biometrische Grenzkontrolle

Angehörige von Drittstaaten müssen sich künftig bei der Einreise in die EU mit vier Fingerabdrücken und Gesichtsbild registrieren lassen. Für ein entsprechendes biometrisches Kontrollsystem gibt es grünes Licht im Rat und Parlament.

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Smart Borders: EU-Gremien einigen sich auf biometrische Grenzkontrolle
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EU-Verhandlungsführer aus dem Ministerrat, dem Parlament und der Kommission haben sich am Freitag darauf verständigt, ein biometrisches Ein- und Ausreisesystem nach US-Vorbild einzurichten. Angehörige von Drittstaaten müssen sich demnach künftig bei der Einreise in die EU mit vier Fingerabdrücken und Gesichtsbild registrieren lassen. Dazu sollen Identitätsangaben sowie andere Daten aus Reisedokumenten in dem System aufbewahrt werden. Die Speicherfrist beträgt in der Regel drei Jahre. Dehnt ein Ausländer unerlaubt seinen Besuch in der EU aus, werden seine Einträge fünf Jahre lang gespeichert.

Die Datenbank soll die zulässige Dauer eines Kurzaufenthalts automatisch berechnen und einen Warnhinweis an die nationalen Sicherheitsbehörden erzeugen, wenn der Betreffende bis zum Ablauf der zulässigen, meist 90 Tage innerhalb von einem Halbjahr betragenden Aufenthaltsdauer nicht ausgereist ist. Das bisherige Stempelverfahren wird eingemottet. Das System soll interoperabel sein mit dem bereits bestehenden Visa-Informationssystem (VIS), Doppeleinträge für Einreisende mit einer längeren Aufenthaltsgenehmigung also vermieden werden. Die Informationen können dem Plan nach zwischen beiden Datenbanken direkt untereinander abgeglichen werden.

Der ausgehandelte Kompromiss sieht vor, dass neben Migrationsämtern und Grenzschützern auch allgemeine Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol unter festgelegten Bedingungen auf das System zugreifen dürfen. Der überarbeitete Verordnungsentwurf führt hier etwa den Kampf gegen Terrorismus und "andere schwere Verbrechen" an. Alle Zugriffe sollen "verhältnismäßig" und "notwendig" im Rahmen der Aufgaben der Berechtigten sein. Vorgesehen war schon mit der Kommissionsinitiative vom vorigen Jahr, eine zentrale Datenbank" anzulegen und diese mit nationalen Zugangspunkten zu vernetzen.

Generell soll das ursprünglich unter dem Titel "Smart Borders" propagierte Vorhaben "die Qualität und Effizienz" der Grenzkontrollen verbessern und den Mitgliedsstaaten helfen, die zunehmenden Reise- und Migrationsströme zu bewältigen sowie sich besser vor organisierter Kriminalität und Terrorismus zu schützen. Parallel will die Kommission bestehende sowie künftige Informationssysteme im Bereich innere Sicherheit zu einer virtuellen "Biometrie-Superdatenbank" mit übergreifenden Suchmöglichkeiten zusammenführen. Der Verbund soll etwa auch das Schengener Informationssystem (SIS), die Fingerabdruckdatenbank Eurodac oder das geplante Reiseinformations- und ­genehmigungssystems (ETIAS) zur Vorkontrolle visafreier Besucher umfassen.

Technische Details der prinzipiellen Übereinkunft, die sich die maltesische Ratspräsidentschaft vor ihrer Staffelübergabe an Estland als eine ihrer letzten Errungenschaften auf die Fahnen geschrieben hat, sollen "in den kommenden Tagen" noch festgeschrieben werden. Danach geht der Verordnungstext an den Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (Coreper), der ihn offiziell bestätigen wird. In Folge muss der Entwurf in Plenarsitzungen des Parlaments und des Rates bestätigt werden, was aber mehr oder weniger als Formsache gilt. (mho)