Es ist gerade in Mode, in herablassendem Ton über die Hamburger Polizei zu urteilen. Was sie alles falsch mache, wie eskalierend sie vorgehe. Das geht so weit, dass manche ernsthaft behaupten, die Polizei sei verantwortlich für die Gewaltausbrüche, die Hamburg seit gestern erschüttern. Was für ein gewaltiger Unsinn.

In Wahrheit bestätigen sich gerade all die Warnungen, die Hamburgs Polizei seit Monaten verkündet hat – und über die viele nur gelächelt haben. 

Sind es nun 1.000, 2.000 oder 5.000 militante Autonome, die derzeit durch die Stadt ziehen? Die genaue Zahl ist unbekannt. Aber sie tun exakt das, was die Polizei befürchtet hat. Sie zünden Autos an, auch von normalen Familien und alten Frauen, sie zertrümmern Scheiben und greifen gezielt Polizisten an. Mehr als 160 Beamte sind bis Freitagmittag verletzt worden, die Zahl wird noch deutlich steigen. Mehrere Polizisten wurden mit Präzisionsschleudern beschossen, ein Foto zeigt die Wunde.

Beispiel Protestcamps: Als völlig übertrieben haben manche kritisiert, dass die Polizei mehrere Zeltlager nicht erlauben wollte, die von bekannten Linksextremen angemeldet worden waren. Im Altonaer Volkspark sind per Gerichtsentscheid nun doch 300 Zelte für 900 Leute erlaubt. Und es sieht danach aus, als habe ein Teil der Randalierer exakt in diesem Protestcamp geschlafen, ehe sie loszogen. Jedenfalls beobachtete die Polizei, wie früh morgens plötzlich viele Leute das Camp verließen und bald darauf die ersten Autos auf der Elbchaussee in Flammen aufgingen. Schockierte Anwohner filmten den Zerstörungszug aus ihrem Dachfenster.

Beispiel Demoverbotszone: Als völlig übertrieben haben manche kritisiert, dass die Polizei in einer 38 Quadratkilometer großen Zone zwischen Flughafen und Innenstadt alle Versammlungen in der Gipfelzeit verboten hat. Nun zeigt sich, dass die Polizei es trotz des Verbots nur mit größter Anstrengung schafft, die Straßen für die Gipfelteilnehmer von Blockaden freizuhalten. Gäste mussten umgeleitet werden, kamen verspätet zum Gipfelbeginn oder saßen – wie Melania Trump – zeitweise in ihrer Unterkunft fest. Ohne Verbotszone hätte die Polizei keine Chance gehabt, den Gipfel zu ermöglichen. Er wäre von Dutzenden Spontandemos lahmgelegt worden.

Beispiel Welcome to Hell: Als völlig überzogen haben viele kritisiert, dass die Polizei die Autonomendemo so früh gestoppt, gar angegriffen habe. Die Polizei habe mit ihrem Verhalten die Lage eskaliert. Diese Argumentation setzt voraus, dass es dem schwarzen Block jemals darum ging, friedlich zu demonstrieren. Die Stunden nach Auflösung der Demonstration zeigen: Das ist nicht glaubhaft.

Seit Jahren ist bekannt, dass die Hamburger Polizei Vermummte nicht durch die Stadt marschieren lässt. Auch der Anmelder der Kundgebung wusste das. Doch war er offensichtlich nicht in der Lage, die Geister, die er rief, zu kontrollieren. Die Polizei wartete eine Dreiviertelstunde, ob die Militanten vielleicht doch noch ihre Vermummung ablegen würden. Viele weigerten sich und gingen währenddessen mit Latten und Flaschen auf die Beamten los. Erst daraufhin beschloss die Polizei, den schwarzen Block vom Rest der Demonstration zu trennen, damit diese weiterlaufen konnte. Das ging schief. Aber ist das wirklich die Schuld der Polizei?

Durch die Brille ihres Weltbilds

Viele betrachten die Hamburger Ereignisse durch die Brille ihres Weltbilds. Und erstaunlich viele haben inzwischen ein Weltbild, in dem sie die Polizei für weniger vertrauenswürdig halten als Linksradikale. Das ist erschreckend. Denn die brutalste Gewalt kommt in diesen Tagen gewiss nicht von Polizisten.

Die Polizisten müssen sich von Autonomen beschießen, bewerfen und mit Gerüstteilen verprügeln lassen; sie müssen sich nachts im Schanzenviertel von betrunkenen Krawalltouristen als Arschloch beschimpfen lassen – von Leuten, die offenbar glauben, das alles sei nur ein großes Theaterstück zu ihrer Belustigung; sie müssen einen Gipfel schützen, den ihnen die Bundesregierung eingebrockt hat und der kaum zu schützen ist. 

Die Polizisten in Hamburg haben nicht unsere Häme und unsere Hochnäsigkeit verdient. Sondern unseren Respekt.