«Homosexualität ist vielleicht nur eine Phase»

Aktualisiert

Christliche Leitlinien«Homosexualität ist vielleicht nur eine Phase»

Eine Broschüre des Bunds Evangelischer Schweizer Jungscharen rät ihren Mitgliedern, nur Sex in einer heterosexuellen Ehe zu haben. Sie soll jetzt überarbeitet werden.

B. Zanni
von
B. Zanni

Sofort entfernte der Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen BESJ das schwulenfeindliche und heftig kritisierte Online-Dossier von seiner Website. «Wir sind gar nicht homophob», stellte Adrian Jaggi, Mediensprecher und Mitglied der Bundesleitung des BESJ, klar. Und er betonte: «Gott gebietet uns, sich selbst und den Nächsten zu lieben – damit sind auch Homosexuelle gemeint.» Man sei offen für Homosexuelle.

Die Leitlinien in der aktuellen Broschüre des BESJ für Gruppenleiter, die 20 Minuten vorliegt, zeigen allerdings ein anderes Bild. «Ich lebe meine Sexualität in einer heterosexuellen Ehe» – so lautet einer der vier Leitlinien für den Alltag. Auf diese Weise sollten Kinder und Teenies «eine positive Identität des eigenen Geschlechts finden und nachhaltig gute Entscheidungen in Bezug auf Partnerschaft und Ehe treffen», steht einleitend. Eine Broschüre aus dem Jahr 2007 legte sogar folgende Voraussetzungen fest: «Als Leitende im Alltag leben wir weder im Konkubinat noch in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung.»

«Wir beschreiben lediglich Ideale»

Adrian Jaggi relativiert auf Anfrage: «Wir beschreiben hier lediglich Ideale und sind uns bewusst, dass wir diesen nie gerecht werden.» Es handle sich um christliche Ziele, die sie für erstrebenswert hielten. Damit sich niemand eingeschüchtert fühle, habe man den Text im Gegensatz zu den Leitlinien aus dem Jahr 2007 positiv formuliert. «Aber auch hier werden wir sicher nochmals über die Bücher gehen, denn es soll sich niemand angegriffen fühlen.» Den Kirchen stelle der BESJ frei, ob sie homosexuelle Leiter engagierten oder nicht.

Allerdings gibt es dem BESJ angeschlossene Gemeinden, die keine schwulen oder lesbischen Leiter tolerieren. Jugendpastor A.K.* erklärt: «Wenn jemand Verantwortung übernehmen möchte, braucht man die gleichen Überzeugungen.» Oute sich ein Leiter als homosexuell, suchten sie das Gespräch. «Es interessiert uns zu erfahren, inwiefern er sich mit uns identifizieren kann und ob seine Homosexualität vielleicht nur eine Phase ist.»

Leiter hätten eine Vorbildfunktion

Die Vorbereitungen der Predigten homosexueller Leiter müssten denn auch enger begleitet werden, sagt A.K.. Unter Umständen könnten Homosexuelle nämlich Werte wie Liebe und Familie anders bewerten. «Wir wollen, dass unsere Leiter wie in der Bibel die Sexualität zwischen Mann und Frau als positiv vermitteln.» Schliesslich hätten die Leiter auch eine Vorbildfunktion.

«Deswegen sind wir aber noch lange nicht homophob.» Sie würden die Homosexualität hinterfragen, sie aber nicht verteufeln. «Ich habe zum Beispiel einen guten Freund, der homosexuell ist. Es käme mir niemals in den Sinn, ihn deswegen als Menschen nicht zu akzeptieren.»

*Initialen von der Redaktion geändert.

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