«Mit 20 Jahren hatte ich schon 15'000 Fr Schulden»

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Mutter zahlte Prämien nicht«Mit 20 Jahren hatte ich schon 15'000 Fr Schulden»

Weil die Eltern die Krankenkassenprämien nicht zahlten, waren deren Kinder bereits mit 18 Jahren verschuldet: Betroffene 20-Minuten-Leser berichten.

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Bezahlen die Eltern die Krankenkassenprämien der Familie nicht, starten ihre Kinder mit 18 Jahren bereits verschuldet ins Erwachsenenleben. Den Krankenkassen ist es nämlich erlaubt, diese ausstehenden Prämien den Jugendlichen beim Erreichen der Volljährigkeit direkt in Rechnung zu stellen.

Caritas und Politiker von links bis rechts fordern nun ein neues Gesetz. Denn der Schuldenberg zum 18. Geburtstag macht den Start ins Erwachsenenleben besonders schwierig. 20-Minuten-Leser erzählen, wie es ist, unverschuldet verschuldet zu sein.

Lorena (23) aus Aarau

«Mein Eltern hatten zu wenig Geld, um für mich als Kind aufzukommen. Der Start ins Erwachsenenleben war dann auch äusserst schwierig: Aus meiner Kindheit hatte ich im Alter von 18 Jahren bei der Krankenkasse bereits Schulden in der Höhe von 4000 Franken. Trotz dem Zustupf des Sozialamtes kam ich aus dieser finanziellen Notlage nicht heraus. Im Gegenteil: Mit 20 Jahren hatte ich bereits 15'000 Franken Schulden. Es war wie ein Teufelskreis, in den ich völlig unverschuldet hineingeraten war. Schliesslich wurde ich depressiv. Ich war so am Ende, dass ich gar versuchte, mir das Leben zu nehmen. Dann erhielt ich Hilfe von der Invalidenversicherung und einer freiwilligen Sozialarbeiterin: So konnte ich eine Lehre als Malerin beginnen und lernte gleichzeitig, meine Buchhaltung in den Griff zu bekommen.

Heute bin ich stolz auf mich. Im nächsten Sommer bin ich fertig mit meiner Ausbildung und wohl auch mit dem Abzahlen meiner Schulden. Auch meine Eltern sind stolz, dass ich es geschafft habe. Gleichzeitig sind sie aber auch sehr traurig, dass sie mich überhaupt in diese Situation gebracht haben.»

Jerome (23) aus Freiburg

«Von einem Tag auf den anderen hatte ich 2000 Franken Schulden. Als ich mündig wurde, wälzte das Sozialamt sämtliche ausstehenden Rechnungen meiner Krankenkassenpolice auf mich ab. Dies, um meine Mutter etwas zu entlasten. So war auch ich plötzlich verschuldet. Ich war damals in der Lehre und hatte keine Chance, für den Betrag aufzukommen. Durch die Betreibungen fielen weitere Kosten an, zusätzlich hätte ich auch noch die aktuelle Prämie und Rechnungen zahlen sollen.

Kurze Zeit später hatte ich bereits einen Schuldenberg von 5000 Franken. Nur dank der Hilfe meines Freundes, der mir das Geld lieh, konnte ich der Schuldenfalle noch knapp rechtzeitig entkommen. In Raten habe ich meinem Freund das Geld zurückgezahlt, heute bin ich schuldenfrei. Dennoch: Durch das Versäumnis meiner Mutter habe ich mehrere Einträge im Betreibungsregister – das ist absolut unfair.

Ich bin lokalpolitisch engagiert und thematisiere diese Problematik schon seit längerer Zeit. Das Gesetz muss hierzu unbedingt geändert werden!»

Silvan (19) aus Zürich

«Weil meine Eltern die Krankenkassenprämien nicht einbezahlt hatten, war ich bereits an meinem 18. Geburtstag mit Schulden beladen. Ich habe mich entschlossen, diese Prämien nachträglich nicht zu bezahlen – ich lasse mir doch nicht mein Leben versauen. Deshalb verlasse ich nach dem Abschluss meiner Berufslehre die Schweiz für immer. Ich werde meine Eltern auch nicht verklagen; sie hatten es selber sehr schwer.

Mirjam (24) aus Basel

«Als ich ein Kind war, versäumte es meine Mutter, meine Krankenkassenprämien zu zahlen. Dann, als ich erwachsen wurde, steckte ich bereits tief in den Schulden – das waren insgesamt rund 10'000 Franken. Noch heute, mit 25 Jahren, muss ich diesen Schuldenberg abstottern. Dafür habe ich nun Unterstützung der Schuldenberatung. Man zeigt mir, wie ich die Rechnungen handhaben muss. Anfänglich hatte ich keine Ahnung, wie es mit der Krankenkasse und all den anderen Rechnungen läuft. Das hat mir nie jemand erklärt. Deswegen bin ich auch nicht wütend auf meine Mutter: Sie war damals selber überfordert.»

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