Kommentar zu Amazons Echo Look: 1 und 3 und 2 und los!

Mit dem Look erweitert Amazon seine Echo-Serie um ein Gerät mit Kamera, das Modetipps gibt. Dabei vergisst der Online-Händler, an der eigentlichen Baustelle zu arbeiten: Alexa.

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Kommentar: Amazons Echo Look - 1 und 3 und 2 und los!
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Sven Hansen

Kaum hat Amazon den holprigen Echo-Start in Deutschland hinter sich gebracht, können sich die US-Kunden schon wieder über ein neues Alexa-Gadget freuen. Amazons Quasselbüchse bekommt ein Auge: Der Echo Look ist eine Kombination aus Sprachassistent und Ganzkörper-Selfie-Kamera. Er soll modisch nicht ganz so versierten Zeitgenossen durch KI zum perfekten Outfit verhelfen. Klamotten Hop oder Top? Alexa kennt die Antwort. Zumindest ist sie sich im Werbevideo zu 64 Prozent sicher. Bevor man vor die Tür tritt, bekommt man (vielleicht) einen kleinen Ego-Boost aus der Cloud.

Doch wer hier in Deutschland ein paar Wochen mit Alexa verbracht hat, weiß, wie klug Amazons Sprechdose Echo wirklich ist: Sie versteht zwar so manches Kommando, von Verstand ist allerdings noch nichts zu spüren. Da macht es einem schon Angst, wenn das Outfit des einen oder anderen Kollegen demnächst von Amazons KI aus der Wolke aufgehübscht wird. Wahrscheinlich wird das Ergebnis dem von Alexas Sprachausgabe ähneln: Manchmal passend, häufig witzig, oft aber eher unfreiwillig komisch. Zur Not kann man nach dem nächsten Fehlgriff in den Kleiderschrank zumindest alles auf Alexa schieben.

Ein Kommentar von Sven Hansen

c't-Redakteur Sven Hansen kümmert sich bei c't um vernetzte Heimunterhaltung, Smart Home und Automotive-Themen wie Elektromobilität oder autonomes Fahren. Außerdem schreibt er gerne Reportagen.

Noch bevor Alexas sieben Cloud-Ohren und der Verstand in der Mitte richtig ausgereift sind, gibt es nun also den Echo mit Zyklopenauge. Dass Amazon noch keinen Echo mit Armen und Beinen in die Wohnzimmer schickt, liegt wahrscheinlich eher an der US-amerikanischen Schadensersatzkultur als an mangelndem Mut. Beflügelt vom Erfolg der sprechenden Echos wagt das Unternehmen den dritten Schritt vor dem zweiten – Augen zu und durch.

Sobald man von einem "etwas" mit netter Stimme angesprochen wird, ist man als Humanoid automatisch geneigt, wohlwollend von einem ebenbürtigen Gegenüber auszugehen. Von diesen Vorschusslorbeeren zehrt das System noch immer. Doch dieser Erfolg steht auf tönernen Füßen: Wenn Alexa das KI-Versprechen nicht irgendwann einlöst, werden sich die Kunden genervt abwenden – die Konkurrenz von Google steht schon in den Startlöchern.

Bevor sich Amazon ins nächste KI-Abenteuer stürzt, sollte man Alexas Basisfunktionen in den Griff bekommen. Damit sich die Echos von dementen Butlern zu eloquenten Assistenten wandeln, sind noch viele kleine Schritte nötig – einer nach dem anderen. Eine Kamera ist da so ziemlich das Letzte, was Alexa fehlt. (sha)