Berner Ermittler gefährdet Verfahren gegen Russen

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Inoffizielle RechercheBerner Ermittler gefährdet Verfahren gegen Russen

Ein Bundespolizist hat auf eigene Faust in Moskau recherchiert. Nun stehen deswegen prominente Fälle vor dem Aus.

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Ein Spezialist der Bundeskriminalpolizei ermittelte in Moskau ohne Absprache: Russische Polizisten bewachen den Roten Platz.

Ein Spezialist der Bundeskriminalpolizei ermittelte in Moskau ohne Absprache: Russische Polizisten bewachen den Roten Platz.

Keystone/AP/Ivan Sekretarev

Der Russland-Spezialist der Bundeskriminalpolizei (BKP) hat auf eigene Faust in Moskau schweizerische Straffälle voranzutreiben versucht. Dies geschah ausserhalb der offiziellen Ermittlungen und ohne Absprache. Deswegen läuft jetzt nicht nur ein Strafverfahren gegen den Berner Top-Ermittler wegen des Verdachts auf Amtsanmassung, Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses und Sich-bestechen-Lassen.

Vielmehr sind auch grosse Fälle der Bundesanwaltschaft gefährdet. Dazu zählen schweizerische Strafverfahren gegen eine frühere russische Ministerin und einen ehemaligen Vizeminister. Die frühere Landwirtschaftsministerin Elena Skrynnik, gegen die in Bern wegen des Verdachts auf Geldwäscherei ermittelt wird, gehörte zum Umfeld von Präsident Wladimir Putin.

Informelle Ermittlungen nicht vorgesehen

Der Russland-Spezialist der BKP war im Dezember 2016 während seiner Ferien nach Moskau gereist. Dort tauschte er sich mit Vertretern der russischen Generalstaatsanwaltschaft und Anwälten über hängige schweizerische Strafverfahren aus. Der Ermittler aus der Schweiz versuchte gemäss Informationen des «Tages-Anzeigers», Fälle der Bundesanwaltschaft zu retten. Insbesondere die Ermittlungen gegen die Ex-Landwirtschaftsministerin waren durch Russland blockiert.

Erreicht hat der Ermittler durch sein eigenmächtiges Handeln aller Voraussicht nach das Gegenteil. Die ohnehin schon gefährdeten Verfahren stehen nun vor dem Aus. Denn in der schweizerischen Strafprozessordnung sind informelle Ermittlungshandlungen nicht vorgesehen. Der Austausch von Verfahrensakten ausserhalb der internationalen Rechtshilfe wäre gar illegal. Ob sich der Russland-Spezialist strafbar gemacht hat, muss das Verfahren gegen ihn zeigen.

Beschuldigter darf keine Auskunft geben

Im Fallkomplex um die Ex-Landwirtschaftsministerin, deren früheren Stellvertreter sowie eine Reihe weiterer Beschuldigter geht es auch um viel Geld. Allein in der Schweiz hat die Justiz rund 70 Millionen Franken blockiert.

Die Bundesanwaltschaft wollte sich nicht zu möglichen Konsequenzen des Alleingangs für ihre Fälle äussern. Sie bestätigt einzig, dass sie gegen den Ermittler ein Strafverfahren führt. Der Beschuldigte und sein Anwalt dürfen sich auf Anweisung der Bundesanwaltschaft nicht zur Sache äussern.

Übernommen vom «Tages-Anzeiger», bearbeitet von 20 Minuten.

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