Basketball:Grobe Klinge

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Münchens Flügelspieler Vladimir Lucic (rechts) übt im Pokalfinale gegen den Bamberger Leon Radosevic den nötigen Einsatz gegen Malagas Center-Garde. (Foto: Imago Sportfotodienst)

Vor dem Eurocup-Viertelfinale gegen Malaga erwartet Bayern-Trainer Djordjevic von seinem Team mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten - und Opferbereitschaft

Von Joachim Mölter, München

Erst einmal schob Aleksandar Djordjevic den Sessel beiseite, auf dem er Platz nehmen sollte, dieses auf einen Fuß gespießte runde Ding, das mit seinem orangefarbigen Außenbezug so aussah wie ein Basketball, aus dem man erst ein Viertel herausgeschnitten und die Lücke dann als Sitzgelegenheit ausgepolstert hatte. "Das moderne Marketing-Zeugs ist nichts für mich", sagte Djordjevic, der Chefcoach der FC-Bayern-Basketballer, und bat: "Kann ich etwas Bescheideneres haben?" Ein Klappstuhl stand noch zur Verfügung in einer Ecke, schlicht, schwarz, der wurde ihm gereicht, auf den setzte er sich dann hin.

Es war klar, was für eine Botschaft Djordjevic in diesem Moment aussenden wollte, ein paar Tage nach dem verlorenen Pokalfinale gegen Brose Bamberg (71:74): Er wollte es sich nicht bequem machen, nicht in diesem Sessel, nicht auf diesem Ergebnis, das viele als Achtungserfolg ansahen gegen den zuvor übermächtig erscheinenden deutschen Meister, wohl sogar einige seiner Spieler. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass jeder geglaubt hat, dass wir einen Titel gegen Bamberg gewinnen können", sagte Djordjevic. Um anschaulich zu machen, was er meinte, wählte er einen drastischen Vergleich: "Wir sind mit einem Schweizer Messer ins Spiel gegangen, nicht mit einem Jagdmesser."

Aber über das Pokalfinale wollte Djordjevic im Grunde gar nicht mehr sprechen, das sei gründlich aufgearbeitet worden, in der Mannschaft, im Verein, versicherte er: Der Ordner sei geschlossen, der Computer heruntergefahren und neu gestartet. Bei den FC-Bayern-Basketballern können sie sich nicht lang aufhalten mit Trauerarbeit über das erste verpasste Saisonziel: Denn das zweite steht schon bevor, das Erreichen des Halbfinales im Eurocup. Dabei steht ihnen noch ein Gegner im Weg, im Viertelfinale treffen sie am Dienstag (20 Uhr) in heimischer Halle auf Unicaja Malaga; es ist der erste von maximal drei Vergleichen im Best-of-3-Modus dieser K.o.-Runde. Das zweite Duell findet am Freitag (20.45) bei den Spaniern statt, sollte danach jedes Team einmal gewonnen haben, fällt die Entscheidung über den Halbfinal-Einzug am 8. März; dann geht es wieder in München zur Sache.

"Wir haben schwere Spiele vor uns", glaubt Vladimir Lucic, der serbische Flügelspieler des FC Bayern, der in den vergangenen drei Jahren in Valencia gespielt hat, die spanische Liga also so gut kennt wie kein anderer im Team. Die Münchner haben sich zwar bereits in der Vorrunde mit Malaga auseinandergesetzt und dabei zweimal gewonnen, 72:69 zu Hause, 74:62 auswärts. Auch statistisch gesehen sind sie in fast jeder Kategorie besser - außer bei den Trefferquoten aus der Distanz, wo Adam Waczynski, Daniel Diez und Kyle Fogg 45 Prozent und mehr erreichen, so viel wie kein Münchner. "Aber sie haben sich auf der Center-Position verstärkt", hat Lucic mitbekommen, "und Nemanja Nedovic hat in den ersten beiden Begegnungen auch nicht mitgespielt."

Vor Nedovic warnt auch Aleksandar Djordjevic, die beiden kennen sich aus Serbiens Nationalmannschaft. Die hat der Coach ja noch bei Olympia in Rio betreut, und dort war der Spielmacher im Finale gegen die USA sein bester Scorer: 14 Punkte erzielte Nedovic bei der 66:96-Niederlage. "Seine Beine und seine Schnelligkeit suchen ihresgleichen", schwärmt Djordjevic über den 25-Jährigen, "er ist derzeit der explosivste Spieler in Europa." Auch Lucic gibt sich beeindruckt vom temporeichen Spiel der Spanier: "Sie haben zwei, drei, vier Leute, die innerhalb von ein paar Minuten ein Spiel entscheiden können." Als da wären: Nedovic, Fogg, im vorigen Jahr noch Bundesliga-Topscorer für Bremerhaven, oder Jamar Smith, der auch schon mal in Bamberg tätig war. Und dazu haben sie kürzlich den 2,16-Meter-Mann Alen Omic vom Euroleague-Klub Anadolu Efes Istanbul verpflichtet, "obwohl sie schon zwei gute Center hatten", wie Djordjevic weiß: "Sie spielen den Ball gern unter den Korb."

Das soll nun nicht so klingen, als wären die Münchner ängstlich, beschwichtigt der Coach. Er will seine Spieler nur schon mal darauf einstellen, "dass jeder seinen Körper opfern muss", weil die Spanier eben sehr physisch spielen, mit viel Tempo und ebenso viel Körpereinsatz. "Aber wir haben die Qualität, ihnen unsere Spielweise aufzuzwingen", bekräftigt Djordjevic: "Wir müssen nur mit Überzeugung und Autorität auftreten." Also genau mit der Einstellung, die er seinen Spielern nach dem Pokalfinale abgesprochen hat. "Aus dem Spiel gegen Bamberg kann jeder von uns lernen", sagt Lucic. Auch Djordjevic sieht das so: "Wir müssen smarter spielen."

In dieser Hinsicht hat die Pokalniederlage seine Mannschaft wohl wieder etwas geerdet. Sie ist sozusagen auf einem harten Klappstuhl gelandet, nicht in einem weichen Sessel.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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