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SPD-Vize Stegner kritisiert "alberne Balkonpolitik" der Jamaika-Unterhändler

Die Jamaika-Sondierungen starten in eine neue Runde. Die bisherigen Gespräche seien substanzlos gewesen, meint SPD-Vize Stegner. Er geht trotzdem davon aus, dass die vier Parteien regieren werden.
Ralf Stegner

Ralf Stegner

Foto: DPA

SPD-Vize Ralf Stegner hat die Jamaika-Sondierungen als substanzlos kritisiert. "Was die vier Parteien, die eine schwarze Ampelkoalition bilden wollen, seit Wochen abliefern, ist alberne Balkonpolitik mit immer denselben Winkbildern für die Kameras und Plattitüden für die Mikrofone", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. An diesem Montagabend wollen die Spitzen von CDU, CSU, FDP und Grünen zusammenkommen und die zweite Runde der Sondierungen beginnen.

Von Europa bis Klimaschutz, von Flüchtlings- bis zur Steuerpolitik seien die vier Parteien meilenweit von substanziellen Gemeinsamkeiten entfernt, sagte Stegner. Dennoch gehe die SPD davon aus, dass die Gespräche zu einer Regierungsbildung am Ende klappen würden - "weil sich Merkel und Özdemir, Seehofer und Lindner keine Blamage leisten können".

Die SPD werde in der Opposition unter der Führung von Parteichef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles kraftvoll gegen dieses Bündnis antreten, sagte der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef. Wenn es der SPD gelinge, bei Arbeit, Rente, Bildung, Gesundheit, Mieten, Pflege oder Steuern den Bürgern praxistaugliche und gerechte Antworten anzubieten, "kämpfen wir 2021 wieder mit der Nach-Merkel Union um Platz eins".

An diesem Montag will die SPD-Spitze in Berlin über den Erneuerungsprozess nach dem Absturz bei der Bundestagswahl beraten. Kurz zuvor hatte Parteichef Schulz in einem Grundsatzpapier eine ernüchternde Bilanz des eigenen Wahlkampfs gezogen und den Weg nach vorne skizziert.

Jamaika-Sondierer auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin

Jamaika-Sondierer auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin

Foto: Michael Kappeler/ dpa

In der am Freitag beendeten ersten Jamaika-Sondierungsphase waren zwölf Themenkomplexe grob auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht worden. In der zweiten Sondierungsphase sollen konkretere Ergebnisse erarbeitet werden, damit voraussichtlich Mitte November über die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen entschieden werden kann (mehr dazu lesen Sie hier).

Habeck: 80 zu 20 für Jamaika

Der Grünen-Politiker Robert Habeck appellierte an alle Jamaika-Unterhändler, nicht ständig öffentlich über ein mögliches Scheitern der Verhandlungen zu spekulieren. "Wir sollten uns nun darauf konzentrieren, gemeinsame Ergebnisse zu erzielen und das Neuwahl-Gerede endlich einstellen", sagte der schleswig-holsteinische Umweltminister dem "Handelsblatt" .

Foto: SPIEGEL ONLINE

FDP-Chef Christian Lindner hatte jüngst in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe verkündet, seine Partei habe "keine Angst vor Neuwahlen". Und Grünen-Verhandler Jürgen Trittin warf der CDU im SPIEGEL-ONLINE-Interview vor, in den Sondierungen in manchen Bereichen "eine Totalblockade" zu fahren - auch die FDP sperre sich. "Schwarz-Gelb blockiert gemeinsam. Alle drei sind sich offenbar einig, dass die Grünen möglichst wenig, am besten gar nichts, durchsetzen sollen. So wird das aber nichts."

Trotz harter Verhandlungen sei ein faires Auftreten nach außen wichtig, sagte nun Habeck. "Wir brauchen Klarheit hinter verschlossenen Türen und Konzilianz vor den Türen." In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin"  bezifferte er am Sonntagabend die Chancen für ein Zustandekommen von Jamaika auf 80 zu 20. "Vernunftbegabte Menschen müssen versuchen, es hinzukriegen."

aar/dpa