«Ein Affront gegenüber allen Konsumenten»

Aktualisiert

Billag-Gebühren«Ein Affront gegenüber allen Konsumenten»

Haushalte müssen fürs Fernsehen künftig weniger tief in die Tasche greifen. «No Billag»-Befürworter vermuten einen faulen Trick.

D. Krähenbühl
von
D. Krähenbühl

Fast 100 Franken weniger oder einen Franken pro Tag kostet der Service public die Schweizer Haushalte künftig. Ab dem 1. Januar 2019 sinken die Radio- und Fernsehgebühren von 451 auf 365 Franken pro Jahr. Möglich macht dies das geänderte Radio- und Fernsehgesetz RTVG, das vom Volk 2015 befürwortet wurde.

Nach diesem Systemwechsel bezahlen zwar mehr Haushalte und Unternehmen eine Abgabe, das Volumen des Gebührentopfs bleibt aber in etwa gleich. Mit 1.2 Milliarden Franken wird die SRG auch weiterhin den Löwenanteil der Gelder erhalten. Der Anteil für private Anbieter hingegen steigt von bisherigen 67.5 Millionen Franken auf 81 Millionen Franken.

«Die Zeche zahlen die Unternehmen»

Für das Komitee der «No Billag»-Initiative ist die Senkung der Gebühren zwar ein kleiner Teilerfolg. Die 365 Franken seien aber immer noch viel Geld, schreibt Markus Horst, Co-Präsident des Komitees No Billag in einer Mitteilung an 20 Minuten. So würden die Bürgerinnen und Bürger mit diesem «Zwangssystem» der Wahl beraubt, welches Medienunternehmen sie mit ihrem Konsum unterstützen wollen.

Dass die Gebühren nun auf einen Franken pro Tag gesenkt werden sollen, ist für die Horst «ein Affront gegenüber allen Konsumentinnen und Konsumenten» und reine Abstimmungstaktik.

Die «Aktion Medienfreiheit», hinter der unter anderem die Nationalräte Natalie Rickli (SVP) und Christian Wasserfallen (FDP) stehen, lehnt die geplanten Änderungen des Gebührenmodells dezidiert ab: «Dem Bundesrat scheint jedes Mittel recht, damit die ‹No Billag›-Initiative keine Mehrheit findet.» Die Zeche würden schlussendlich die Unternehmen zahlen. Da die Angestellten schon privat zur Kasse gebeten werden, handle es sich demnach um eine Doppelbesteuerung.

«Die Medienvielfalt wird gestärkt»

Daniel Steiner, Mediensprecher der SRG, gibt zur Auskunft, dass man die starke Senkung der Gebührengelder zur Kenntnis nehme. Die Plafonierung auf 1,2 Milliarden Franken Gebührengelder für die SRG entspreche einer Reduktion von 50 Millionen Franken gegenüber heute. Diese Kürzung werde zusammen mit dem Rückgang der Werbeeinnahmen schon 2019 einen erheblichen Einfluss auf das Budget der SRG haben, sagt Steiner. Zunächst werde jetzt ein Massnahmenpaket zur Reduktion der Ausgaben ausgearbeitet: «Priorität wird aber die bestmögliche Wahrung des heutigen Programmangebots haben.»

CVP-Nationalrat Martin Candinas begrüsst die tieferen Gebühren hingegen. Für ihn sei eingetroffen, was dem Stimmbürger schon vor zwei Jahren mit der Revision des Radio- und Fernsehgesetztes versprochen worden sei. Erfreut zeigt er sich vor allem darüber, dass private Radio- und Fernsehstationen mehr Geld aus dem Gebührentopf erhalten werden. Bei vielen von ihnen würden die Gebühreneinnahmen heutzutage mehr als 50% aller Einkünfte ausmachen. «Mit dem zusätzlichen Geld können sie ein breiteres Medienangebot zur Verfügung stellen.» Candinas geht es vor allem um die Erhaltung der Medienvielfalt. «Diese wird mit den Änderungen jetzt gestärkt.»

«‹No Billag›-Befürworter sind immun gegen Argumente»

Medienexperte Ueli Custer hält die angekündigte Gebührensenkung von Bundesrätin Doris Leuthard für nachvollziehbar und logisch. «Im Betrag von einem Franken pro Tag und Haushalt sehe ich aber auch eine PR-Strategie, die sich gut vermarkten lässt.» Für die geplanten Abgaben für Unternehmen, die seiner Meinung nach moderat ausfielen, hat er eine Erklärung: «Letztlich ist es halt so, dass man der ‹No Billag›-Initiative möglichst viel Wind aus den Segeln nehmen will. Und dabei wird sicher eine Rolle gespielt haben, dass man den Gewerbeverband nicht zum Feind haben wollte.»

Die «No Billag»-Initiative ist laut Custer aber dennoch ernst zu nehmen. «Die Befürworter der Initiative sind total ichbezogen und ziemlich immun gegen Argumente», sagt Custer. Deshalb würden sie auch weiterhin auf ihrer Initiative beharren. «Gerade in einer Demokratie wie der Schweiz sollte der Stimmbürger aber in der Lage sein, über die eigene Nasenspitze zu blicken.» Man sollte sich überlegen, wieso es eine SRG in der Schweiz brauche. Die Antwort ist laut Custer klar: «Weil es in allen Sprachgebieten vergleichbare Informationssendungen braucht und nur die SRG das anbieten kann.»

Deine Meinung