Auf den Trottoirs wird es eng

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FussverkehrAuf den Trottoirs wird es eng

Das Trottoir ist längst nicht mehr nur den Fussgängern vorbehalten. Immer öfter wird es auch mit rollenden Geräten benutzt. Das sorgt für Konflikte.

T. Mathis
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T. Mathis

Wie gefährlich ist es auf dem Trottoir? Ein Augenschein am Bellevue in Zürich. (Video: Thomas Mathis)

Fussgänger begegnen Joggern, Hündeler treffen auf Trottinettler, und Velofahrer kommen Müttern mit Kinderwagen in die Quere: Auf den Trottoirs wird es eng. Seit kurzem kommen nun noch elektrifizierte Geräte wie E-Trottinetts und Lieferroboter dazu. Wer nicht aufpasst und frühzeitig ausweicht, dem droht ein Zusammenprall. Das zeigt eine kurze Stippvisite beim Zürcher Bellevue, dem wohl gefährlichsten Trottoir der Stadt.

Die Regelung auf dem Trottoir ist klar, wie der Verband Fussverkehr Schweiz betont: «Konflikte lassen sich vermeiden, wenn das Trottoir den Fussgängern vorbehalten ist», sagt Dominik Bucheli, Leiter Verkehrssicherheit beim Verband. Erlaubt sind auf dem Trottoir neben Fussgängern auch fahrzeugähnliche Geräte. Das sind Fortbewegungsmittel, die die Fussgänger mit Muskelkraft antreiben, also Rollschuhe oder Trottinette. Nicht dazu gehören elektrische Geräte.

«E-Bikes haben Situation verschärft»

An bestimmten Orten wie etwa beim Bellevue dürfen auch Velofahrer das Trottoir benutzen. «Gemeinsame Flächen sind aber grundsätzlich zu vermeiden, weil die Zahl der Konflikte meist zu gross ist», so Bucheli. Mit der Zulassung der schnellen E-Bikes habe sich die Situation verschärft.

Der Verband Pro Velo Schweiz appelliert an die gegenseitige Rücksichtnahme. Der Verkehrsclub Schweiz (VCS) hebt den Vortritt der Fussgänger hervor und setzt sich für mehr Radwege ein. «Es ist für Sicherheit und Komfort wichtig, dass Fuss- und Velowege getrennt sind», so VCS-Sprecher Matthias Müller.

Blinde haben Schwierigkeiten

Für Blinde wird das Chaos zunehmend zu einer Herausforderung. «Das Trottoir ist in der Regel jene Zone, wo sich Blinde sicher fühlen», sagt Alfred Rikli, Sprecher des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbands. Die Schwierigkeit bei den elektrischen Geräten sei etwa, dass sie sich geräuschlos nähern. «Sie künden sich nicht an, sie sind einfach da.»

Eine andere Schwierigkeit betreffe die auf dem Trottoir abgestellten Fahrzeuge. Sie versperren die Leitlinie, der Blinde folgen. «Das kommt täglich vor», so Rikli. Ein Blick in die Zahlen der Kantonspolizei St. Gallen bestätigt diesen Eindruck. In den vergangenen Jahren wurden jährlich mehr als 800 Fahrzeuglenker gebüsst, weil sie auf dem Trottoir parkiert hatten.

Auf Zürcher Trottoirs ist es sicher

Zu schweren Unfällen kommt es auf dem Trottoir aber selten. «Negativ fällt auf, dass doch einige Unfälle verzeichnet sind, bei denen Radfahrende unerlaubterweise und zudem in falscher Richtung auf dem Trottoir unterwegs waren», so Hanspeter Krüsi, Sprecher der St. Galler Kantonspolizei.

Die Kantonspolizei Zürich verzeichnet jährlich rund 50 Unfälle mit Fussgängern oder Velofahrern auf dem Trottoir. Das sei im Verhältnis zur Bevölkerungszahl sehr wenig, so Kapo-Sprecher Beat Jost. «Man kann also sagen, dass es auf den Trottoirs im Kanton Zürich extrem sicher ist.» Viele der Unfälle seien Selbstunfälle von Velofahrern.

11-jährige Velofahrer auf dem Trottoir?

Erst kürzlich wurde bekannt, dass das Bundesamt für Strassen vorschlägt, dass Kinder bis 12 Jahre das Trottoir benutzen dürfen, wenn die Strasse nicht über einen Radstreifen verfügt. Beim Verband Pro Velo Schweiz wird diese Änderung begrüsst. Der Verband Fussverkehr Schweiz ist dagegen: «Das ist der falsche Weg», sagt Sprecher Bucheli. Es bestehe die Gefahr, dass der Druck abnimmt, Sicherheitsdefizite auf der Fahrbahn zu beseitigen.

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