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Staatenliste Türkei könnte auf deutscher Risikoliste landen

Wegen des Streits mit der Türkei wird eine schärfere Kontrolle für bestimmte deutsche Beamte diskutiert. Sollte das Land auf der Risikoliste landen, hätte das für sie laut Medien gravierende Folgen.
Deutsche Botschaft in Ankara (Archiv)

Deutsche Botschaft in Ankara (Archiv)

Foto: Rainer Jensen/ picture alliance / dpa

Im Konflikt mit der Türkei diskutiert Deutschland eine Ausweitung der Sicherheitsüberprüfung für bestimmte Beamte. Es gebe einen Vorschlag auf Fachebene des Bundesinnenministeriums, die Türkei auf die sogenannte Staatenliste zu setzen, sagte ein Ministeriumssprecher und bestätigte damit entsprechende Medienberichte.

Auf der Staatenliste, die besondere Kontrollen nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) vorsieht, hatten sich laut einer Antwort auf eine Linken-Anfrage  2015 rund 35 Länder befunden - unter anderem China, Russland und Pakistan. Sie umfasst Staaten, in denen Geheimnisträger aus Nachrichtendiensten, aber auch aus bestimmten Bereichen der Polizei und der Bundeswehr mit Sicherheitsrisiken zu rechnen haben.

Betroffenen Beamten mit Beziehungen in die Türkei könnten bei einer entsprechenden Erweiterung Urlaube in dem Land untersagt werden, berichteten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung". Auch eine Ehe oder eine Beziehung mit einem türkischen Partner könnte als Risiko eingestuft werden. Der Ministeriumssprecher bestätigte diese Details bislang nicht.

Grund für das abgekühlte Verhältnis zwischen Berlin und Ankara sind unter anderem die Inhaftierungen deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen in der Türkei. Die Bundesregierung fordert deren Freilassung. Die Türkei fordert ihrerseits die Auslieferung von Terrorverdächtigen aus Deutschland.

Weitere Sanktionen gegen die Türkei?

Außenminister Sigmar Gabriel setzt derweil weiter auf wirtschaftlichen Druck. Die Bundesregierung habe lange Zeit besonnen und sehr verhalten auf Provokationen von Präsident Recep Tayyip Erdogan reagiert, sagte der SPD-Politiker der "Nordwest-Zeitung". Auch angesichts der Liste mit 680 deutschen Unternehmen unter Terrorverdacht habe die Bundesregierung reagieren müssen.

"Wir haben unsere Wirtschaftshilfe reduziert und bei Investitionen in der Türkei klar auf die Risiken hingewiesen." Darauf habe Ankara ziemlich schnell reagiert. "Wirtschaftlicher Druck hat da Wirkung gezeigt", sagte der Außenminister. Der deutsche Vorstoß für einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei hat in der EU nicht die notwendige einstimmige Mehrheit.

Als Reaktion auf die Verhaftung des Menschenrechtlers Peter Steudtner und anderer Deutscher hatte das Auswärtige Amt Mitte Juli seine Reisehinweise für die Türkei verschärft. Zugleich warnte Gabriel deutsche Unternehmen vor Investitionen in dem Land. Kurz darauf zog die Türkei die vermeintliche Terrorliste mit deutschen Unternehmen zurück.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), sieht eine grundlegende Verschlechterung der Beziehungen zur Türkei. "Mit Präsident Erdogan gibt es keine Gemeinschaft in den Werten, sondern mit Ankara kann es nur noch eine interessenbasierte Kooperation geben", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

apr/dpa