Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(11/12): 652-653
DOI: 10.1055/s-0042-115505
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Mikrovaskulärer Blutfluss bei Sepsis

Johannes Achenbach
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Publication Date:
24 November 2016 (online)

In der Frühphase des septischen Schocks kann die gemischtvenös-arterielle CO2-Differenz (Pv-aCO2) Hinweise auf den mikrovaskulären Blutfluss geben. Dies haben Gustavo Ospina-Tascón und Kollegen der Universität del Valle in Cali, Columbien, mittels einer prospektiven Beobachtungsstudie auf einer intersdisziplinären Intensivstation untersucht.

Sie rekrutierten insgesamt 75 neu aufgenommene Patienten, welche die diagnostischen Kriterien des septischen Schocks erfüllten und innerhalb der ersten 6 h einen pulmonalarteriellen Katheter erhielten.

Die Behandlung der Patienten erfolgte nach lokalen Standards in Anlehnung an die Protokolle der Surviving Sepsis Campaign, wobei die Kliniker dynamischen Parametern der Volumenreagibilität den Vorzug gaben.Hydroxyethylstärke-hältige Präparate kamen nicht zum Einsatz.

Probenentnahmen erfolgten an Zeitpunkt T0 (Platzierung des Pulmonaliskatheters) und T6 nach 6 h. Die Mikrozirkulation evaluierten die Untersucher durch Dunkelfeld-Mikroskopie der lateralen Zunge mithilfe des Sidestream-Dark-Field-Geräts (SDF).

Als primäres Outcome definierten die Forscher die Korrelation zwischen dem Prozentsatz der kleinen perfundierten Gefäße (PPV) und dem Pv-aCO2, als sekundäres Outcome die Verhältnisse von Pv-aCO2 und hämodynamischen Variablen, Veränderung im Herzindex und Änderungen des PPV. Außerdem untersuchten sie diese Variablen in 3 prädefinierten Gruppen:

  • Pv-aCO2 < 6 mmHg

  • Pv-aCO2 = 6–9,9 mmHg

  • Pv-aCO2 ≥ 10 mmHg

Die Forscher beobachteten mit zunehmender Pv-aCO2-Differenz ebenfalls eine Abnahme der PPV und der funktionellen Kapillardichte (FCD) sowie eine Zunahme des Heterogenitätsindexes (HI) an T0 und T6 als Zeichen abnehmender Mikrozirkulation. Der mikrozirkulatorische Blutflussindex (MFI) war ebenfalls erniedrigt. Die Gesamt-Kapillardichte war nur normal, wenn auch der korrespondierende Pv-aCO2 im Normbereich lag. Sie konnten eine signifikante Korrelation zwischen Pv-aCO2 und PPV an beiden Untersuchungszeitpunkten zeigen (T0: R2 = 0,61; p > 0,001 und T6 R2 = 0,55; p > 0,001). Zwischen PPV und Herzindex bestand keine Korrelation; ebensowenig zwischen Parametern der Mikrozirkulation und MAP bzw. SvCO2. Eine Veränderung der PPV war ebenfalls mit einer Veränderung der Pv-aCO2 verbunden; jedoch nicht mit einer Veränderung des Herzindex.

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Die Therapie des septischen Schocks zielt u. a. auf die Wiederherstellung der mikrozirkulatorischen Dysfunktion. Die gemischtvenös-arterielle CO2-Differenzst ein guter Prädiktor für diese Störung.
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Die gleichen Zusammenhänge konnten festgestellt werden, wenn anstelle der gemischtvenösen-arteriellen Partialdruckdifferenz die Differenz des CO2-Gehalts bestimmt wurde. Die Korrelation zwischen PPV und Pv-aCO2 blieb auch bestehen, wenn sie durch lineare Regression in Abhängigkeit ihrer gemischtvenösen O2-Sättigung (> bzw. < 65 %) betrachtet wurden. Zum Zeitpunkt T6 fanden die Forscher eine Tendenz zu niedrigerem MAP und Herzindex bei Patienten mit höherer Pv-aCO2, ohne jedoch ein signifikantes Level zu erreichen.

Fazit Die Autoren betrachten die Pv-aCO2 als guten Prädiktor für mikrozirkulatorische Dysfunktion im Rahmen des septischen Schocks. Sie sehen Limitationen u. a. darin, dass vor Studienbeginn kein rigoroser statistischer Plan bestand und dass durch die gemischtvenöse Probengewinnung die Daten nicht unbedingt generalisierbar sind.

 
  • 1 Ospina-Tascón GA, Umaña M, Bermúdez WF et al. Can venous-to-arterial carbon dioxide differences reflect microcirculatory alterations in patients with septic shock?. Intensive Care Med 2016; 42: 211-221