Vater erschossen«Die Tat geschah aus völliger Verzweiflung»
Ein langer Leidensprozess führte dazu, dass S. L. in Pfäffikon seinen Vater erschoss, so die Verteidigung. Der Staatsanwalt hingegen redet von einer heimtückischen Hinrichtung.
- von
- ann
Der Prozess gegen den 21-jährigen S. L., der sich wegen der Erschiessung seines Vaters vor dem Bezirksgericht Pfäffikon verantworten muss, ging am zweiten Tag mit den Plädoyers des Staatsanwalts und der Verteidigung weiter. Dabei präsentierten sich zwei völlig unterschiedliche Sichtweisen auf die Tat.
Der Staatsanwalt redete von einem Lehrling, der am Tag der Tat «krankfeierte» und bezeichnete die Reaktion des Vaters darauf als normal. «Welcher Vater bleibt ruhig und überlegt, wenn der Sohn statt zu arbeiten im Bett bleibt und kifft?»
Bekannte des Vaters als Zeugen aufgeboten
Auch die Beleidigungen nach der Beichte, dass die LAP wohl nicht zu schaffen sei, relativiert Markus Oertle in seinem Plädoyer. Es sei verständlich, dass keine netten Worte fielen. Es sei aber keine Gewalt angewendet worden.
Oertle gesteht aber auch, dass es ein Prozess voller grosser Emotionen sei, in dem er sich in die Rolle der Verteidigung des getöteten Vaters gedrängt fühlte. Darum hatte er wohl auch drei Zeugen aufgeboten, die den Angeklagten kaum kannten, das Opfer aber als Freund bezeichneten.
Skrupellose Hinrichtung
Die Zeugen zeichneten das Bild eines mitfühlenden und zuverlässigen Geschäftspartners, der sich stets korrekt verhalten habe. Der Staatsanwalt mahnt entsprechend, die Tat aus der richtigen Perspektive zu betrachten: Sie sei skrupellos und heimtückisch. Der Angeklagte habe nicht aus einem Affekt heraus, sondern besonders verwerflich gehandelt und seinem Vater einer Hinrichtung gleich hinterrücks in den Kopf geschossen. Darum handle es sich um Mord. Oertle fordert 14 Jahre Freiheitsstrafe.
Unflätiger und beleidigender Vater
Verteidiger Valentin Landmann hingegen hob in seinem Plädoyer hervor, dass nicht nur Sohn S. L. von ständigen Erniedrigungen, Beleidigungen und absolutem Desinteresse des Vaters berichtet. Auch Lehrer, Lehrmeister, Kollegen, Nachbarn und Bekannte zeichneten in ihren Aussagen kein schönes Bild des Getöteten.
So sagte eine Frau, die beruflich mit ihm zu tun hatte: «Er konnte Wutanfälle vom Feinsten haben und dabei sehr unflätig und beleidigend sein.» Die Kollegen von S. L. bezeichnen die Beziehung zwischen Vater und Sohn als gereizt. S. L. habe sich aber nie gegen die Beleidigungen des Vaters gewehrt, sondern alles über sich ergehen lassen und nie schlecht über ihn geredet.
«Nichts kann die Tat entschuldigen»
Laut Landmann habe sein Mandant lange gelitten und eingesteckt. Die Ereignisse des Tattages seien die berühmten letzten Tropfen gewesen, die das Fass zum Überlaufen gebracht hätten.«Er befand sich in einem chronischen Zustand psychischen Drucks mit einem langen Leidensprozess, der bis zur völligen Verzweiflung führte.»
Landmann würde darum gern auf Totschlag plädieren, wie es das Gesetz für solche Situationen vorsehe. Doch sein Mandant will eine Anklage wegen vorsätzlicher Tötung und eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. «Nichts kann das, was ich gemacht habe entschuldigen», sagte der 21-Jährige in seinem Schlusswort. Und: «Es tut mir unendlich leid.»