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Streit über Glyphosat-Zulassung Nahles sieht "Vertrauensbruch" in der Regierung

Die SPD sieht im Streit über die Zulassung des Unkrautgifts Glyphosat eine "Belastung" für die Gespräche mit der Union über eine GroKo. SPD-Fraktionschefin Nahles spricht von einem "schweren Vertrauensbruch".
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles

Foto: Bernd von Jutrczenka/ dpa

Noch bevor die Gespräche über eine neue Große Koalition überhaupt in Gang gekommen sind, eskaliert der Streit zwischen Union und SPD über die Zulassung des Unkrautgifts Glyphosat. Sie stelle sich die Frage, ob Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "ihre eigenen Leute noch im Griff hat", wetterte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles. Sie sprach von einem "schweren Vertrauensbruch".

Was war geschehen? Nach mehrfachen Enthaltungen hatte Deutschland am Montag auf Anweisung des vom CSU-Politiker Christian Schmidt geführten Agrarministeriums für eine weitere EU-Zulassung des umstrittenen Mittels votiert - gegen den ausdrücklichen Willen der SPD mit ihrer Umweltministerin Barbara Hendricks.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks

Foto: Oliver Berg/ dpa

Hendricks protestierte scharf gegen das Vorgehen des Agrarministeriums. Sie habe Schmidt vorher eindeutig erklärt, mit einer Verlängerung weiterhin nicht einverstanden zu sein. Es sei daher klar gewesen, dass Deutschland sich erneut hätte enthalten müssen. Glyphosat ist ein sehr wirksames Unkrautgift. Einige Wissenschaftler sehen jedoch ein Krebsrisiko.

Dass Hendricks mit ihrer Darstellung Recht hat, wurde dem SPIEGEL in Regierungskreisen bestätigt. Demnach hat die SPD-Seite, vertreten durch den die sozialdemokratischen Ministerien koordinierenden Staatssekretär Rainer Sontowski (Auswärtiges Amt), bereits ihr Missfallen darüber bei Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) vorgetragen.

Agrarminister Christian Schmidt (CSU)

Agrarminister Christian Schmidt (CSU)

Foto: Martin Schutt/ dpa

Landwirtschaftsminister Schmidt beruft sich dem Vernehmen nach darauf, dass er als federführender Minister das Recht darauf hatte, auch bei Dissens mit Hendricks in Brüssel zuzustimmen. Selbst wenn das so wäre, würde sein Handeln allerdings dem üblichen Comment einer Koalition auf Bundesebene widersprechen. Ganz abgesehen von der politischen Wirkung, die das im Moment angesichts der von der Union avisierten Sondierungsgespräche mit der SPD haben könnte.

CSU-Mann Schmidt soll sich, so ist aus Regierungskreisen zu hören, auch damit rechtfertigen, dass er in Brüssel neue und zusätzliche Hürden beim Umgang mit dem umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel durchgesetzt habe.

Ein Grund für Schmidts Vorgehen könnte darin liegen, dass die bayerischen Landwirte massiv Druck auf ihn ausgeübt haben - und er angesichts des Machtkampfes in der CSU keine Schwäche zeigen wollte.

In Regierungskreisen hieß es, es war eine Entscheidung des Ressortministers, weil er nach seiner Einschätzung so mehr für die Biodiversität herausgeholt habe als wenn die Kommission die Verlängerung ohne diese Klausel beschlossen hätte.

"Ich muss mich wirklich fragen, ob da die Mäuse auf dem Tisch tanzen", kritisierte dann auch Andrea Nahles den Vorgang. Mit Blick auf mögliche weitere Gespräche nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen sagte die SPD-Fraktionschefin: "Ich kann nur hoffen, dass dieser Crashkurs jetzt nicht fortgeführt wird."

als/flo