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Utopia: Episode 2x04 - TV-Kritik

„Utopia“ / (c) Channel 4
„Utopia“ / (c) Channel 4

Wer noch immer nicht auf den Utopia-Zug aufgesprungen ist, kann einem nur leidtun: Auch die aktuelle Folge ist wieder pures Seriengold. Wir erfahren endlich die Wahrheit über Anton und Milner stellt Wilson auf die Probe.

Die vierte Episode der zweiten Staffel von Utopia erzeugte zunächst Skepsis. Sind wir von der brutalen, aber cleveren Einstiegssequenz aus der letzten Folge zur reinen Schockhascherei übergegangen? Was in den verbleibenden 45 Minuten folgt, weiß jedoch zu erleuchten und begeistern. Ein weiterer großer Wurf für den britischen Verschwörungsthriller über die auf Blut gebaute, vielleicht aber notwendige Utopie.

Tell Wilson what you really do

Der besagte Einstieg in die Episode findet in den USA statt, wo ein Hausmeister von Milner (Geraldine James) aktiviert wird, der daraufhin einen Zylinder im Wald aufliest, ihn in einem Jeep verstaut und danach seine Familie und sich selbst umbringt. Wie wir später erfahren, ist dieser Mann nur einer von fünf gehirngewaschenen Sleeperagenten, die den tödlichen Virus mit der russischen Grippe in Position bringen sollen. Weitere Networkschläfer werden neun Tage vor dem V-Day, an welchem Janus als Teil des Gegenmittels verabreicht wird, angewiesen, die Ladung per Flugzeug über den großen Flughäfen auf der ganzen Welt abzuwerfen. Eine optimale, globale Verbreitung kann somit gewährleistet werden. Dies ist Milners Lebenswerk, für welches bereits unzählige ihr Leben lassen mussten und für welches noch zigtausende mehr geopfert werden müssen, ehe das Gegenmittel seine Wirkung entfaltet und Utopia errichtet werden kann.

Für Wilson (Adeel Akhtar) ist es keine Frage mehr, ob die Arbeit des Networks gut oder schlecht ist, sondern, wie sie mit dem geringsten Kollateralschaden durchzuführen ist und ob er dazu fähig ist. Er wird zum neuen Protegé von Mr. Rabbit aka Milner, die den einäugigen Überläufer auf ihrer Seite möchte, ihn sogar in die Pläne des Networks einweiht, doch ihn letztendlich testen muss. Am Ende soll Lee (Paul Ready) Recht behalten, der seinen neuen und noch zweifelnden Kollegen bereits in der letzten Folge korrekt einschätzte. Er wäre in der Tat in der Lage, viele Leben zu nehmen, solange es in seinen Augen „notwendig“ ist - und Meistermanipulatorin Milner ist dabei, eine Situation zu kreieren, die Notwendigkeit erzeugt.

Ciao for now

Lee selbst hält seinen Teil der Abmachung mit Arby (Neil Maskell) ein und bringt seine Freundin und deren Tochter im Ausland in Sicherheit. Tatsächlich waren die neuen Identitäten für die zwei, die sich per Videoschaltung von Arby verabschieden, Anweisungen erhalten und ihn danach nie wiedersehen werden. Eine herzzerreißende Szene, in welcher der einfach gestrickte Auftragskiller ganz genau weiß, was zu tun ist und im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht, nach einem letzten Moment des Glücks zu haschen. Als Gegenzug muss Arby nun Ian (Nathan Stewart-Jarrett) und Becky (Alexandra Roach) verraten, nachdem Lee sich bereits Donaldsons entledigt hat. Die Verbindung zu Anton und dem jungen Grant (Oliver Woollford), die bereits subtil angedeutet wurde, lässt die Situation jedoch anders ausgehen als geplant.

Den Gejagten und den Zuschauern bereitet jedoch zunächst noch einmal die wahre Identität von Anton (Ian McDiarmid) Kopfzerbrechen. Der Hinweis, dass der alte Mann Rumänisch (eigentlich Romani) spricht und ein Überlebender des Holocausts ist, soll noch einmal auf eine falsche Fährte führen. Das ist eine gerne angenommene Verstreuung, ehe endlich ans Licht kommt, dass es sich doch um Philip Carvel handelt, dessen Figur durch den unendlich tragischen Hintergrund noch viel komplexer geworden ist. Viel dringlicher wird nun auch die Frage: Was hat Carvel dem Janus-Virus zugefügt? Wie nämlich bereits angedeutet wurde, werden die 500 Millionen Überlebenden in der Utopie nicht zufällig ausgewählt, sondern womöglich nach Rasse selektiert sein.

Do you want some eggs?

Die ewige Frage nach dem Aufenthaltsort von Jessica Hyde (Fiona O'Shaughnessy) wurde am Ende der vergangenen Episode beantwortet, als sie bei Michael (Paul Higgins) aufschlug. Dort trifft sie auch auf Ian, dessen Beziehung zu Becky durch Donaldson eher komplizierter geworden ist, und fällt über ihn her. Ian bleibt jedoch nicht lange, was Jessica natürlich vorhergesehen hat und ihn nicht ohne „Souvenir“ gehen lässt. Schließlich kann die Überlebenskünstlerin nicht anders, als Michael in die wahre Identität von Mr. Rabbit einzuweihen. Kurz darauf steht Milner bereits vor der Tür und ist drauf und dran, ihren widerspenstigen Untergebenen zu ermorden. Als Jessica sie überrascht, kann sie sich letztlich mit der Information über das Wohlaufsein ihres totgeglaubten Vaters retten.

Fazit

Der durchaus krasse Einstieg in die Episode wird durch eine Episode gerechtfertigt, die nicht nur die Geschichte der Verschwörung konsequent fortführt, sondern vor allem von einem großartigen Charaktermoment zum nächsten jagt. Beispiele: die von Milner inszenierte Transformation Wilsons, der am Ende der Episode sogar den unschuldigen Bruder Ians zu opfern bereit ist, die Offenbarung der tragischen Hintergrundgeschichte des wahnsinnigen Wissenschaftlers Carvel, dessen unaussprechlicher Plan durch die Modifizierung von Janus noch immer nicht ganz klar ist oder die zerschmetternde Abschiedsszene mit Arby und seiner Familie, ehe dieser wieder in den Killermodus wechselt, nur um von seinem Vater und Grant umgestimmt zu werden. All das gehört zum Besten, was Utopia bisher zu bieten hatte.

Dabei weiß die Serie wie auch in der Vergangenheit, den schwarzen Humor nicht zu kurz kommen zu lassen. In diesem Fall etwa durch eine absolut perfekt getimte Szene, in welcher der rumänische Dolmetscher Marius feststellt, dass es sich bei Anton nicht um einen Rumänen, sondern einen Angehörigen der Roma handelt und daraufhin Rassismusvorwürfe austeilt, die bei der unschuldig aus der Wäsche guckenden Becky jedoch leider nicht ganz greifen wollen.

Zwei Episoden stehen noch aus in dieser Staffel und wie diese ausfallen oder was in ihnen geschieht, mag wohl kaum einer orakeln wollen. Mit der Zurückhaltung bei der Punktevergabe, um eine Steigerung im Finale zu würdigen, ist nun jedenfalls Schluss: Diese Episode war ein Serienhighlight, was Charakterentwicklung und Storytelling angeht und das ist natürlich nicht nur im kleineren Kontext des britischen Fernsehens zu verstehen. Zu der fantastischen Inszenierung, die auch nach dem Wechsel zum Regisseur Sam Donovan nichts an Qualität eingebüßt hat und dem stets genialen Soundtrack muss wohl nichts mehr gesagt werden. Volle Punkzahl. Mehr von einer Serie zu erwarten, wäre ausgesprochen utopisch.

Mario Giglio

Der Artikel Utopia: Episode 2x04 - TV-Kritik wurde von Mario Giglio am Uhr erstmalig veröffentlicht.

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