Wien - Die Planerkonferenz Real Corp, die diese Woche in den Räumen der Wirtschaftskammer in Wien stattgefunden hat, schwenkte mit dem Motto "Plan it smart" voll auf das Lieblingsthema der Wiener Stadtplanung ein. Teilnehmer aus 50 Ländern bereicherten die Szene und lieferten Einblicke in kommende Entwicklungen im Bereich Raum- und Verkehrsplanung.

"Wahnsinnig viele Daten"

"Es sind heute bereits wahnsinnig viele Daten vorhanden, mit denen man in einer Stadt operativ viel anfangen kann", erklärte Jan-Philipp Exner, der an der TU in Kaiserslautern computergestützte Methoden erarbeitet. Infrastruktur, etwa im Verkehrs- und Energiebereich, werde in Zukunft systematisch besser erfassbar und somit auch besser steuerbar sein. Doch dazu, meint Exner, sei eine entsprechende Ausbildung nötig: "Planer werden in Hinkunft die technische Seite mehr in Betracht ziehen müssen. Um Kontrollverlustängsten Betroffener vorzubeugen, muss man außerdem darauf achten, dass das System nicht übertechnisiert wird."

Genau das ist auch dem Kaiserslauterner TU-Professor Bernd Streich ein Anliegen. Er plädiert dafür, die Belange der Bevölkerung nicht auszuklammern. In der heutigen Gesellschaft würde ein hoher Grad an Informiertheit des Einzelnen dazu führen, dass man mit dominanten Strategien in der Stadtplanung oder bei Immobilienprojekten ohnedies nicht viel erreiche: "Sobald festgestellt wird, dass dominante Akteure die Oberhand gewinnen möchten, finden sich Gruppen von Menschen zusammen, die sofort Gegenpositionen aufbauen", so Streich.

Lernprozesse

Dies einzig und allein mit Opposition gleichzusetzen, wäre jedoch verfehlt. Daher wird von einigen Teilnehmern sogenanntes "integratives Planen" eingefordert. Oder - wie eine Tagungsteilnehmerin aus dem Wiener Wohnbauressort feststellte: Da man mit smarten Methoden Neuland betrete, sei es wichtig, auszuloten, was man sinnvollerweise als Standard implementiert - und was nicht. Lernprozesse sind im Gange.

Die Diskutanten und Vortragenden waren sich einig: In Zukunft werde es immer wichtiger, Immobilienprojekte im Internet auf ihre Akzeptanz in der Bevölkerung zu prüfen und die damit erzielten Ergebnisse möglichst gut zu transportieren. Mittels Crowdsourcing, des Hereinholens diverser Akteure in den Prozess, könne viel erreicht werden.

Rückhalt durch Rückmeldung

Ein Beispiel, bei dem die Crowd heute schon gute Ergebnisse liefert, ist die Open-Street-Map. Dabei werden Informationen von Interessengruppen in Eigenregie kartiert und einer breiten Masse zur Verfügung gestellt. "Die Karten werden damit nicht nur kostenlos erstellt, sondern zugleich auch auf den neuesten Stand gebracht", sagte Markus Mayr, Kartograf an der TU Wien. "Das ist ein enormer Vorteil."

Das Austrian Institute of Technology demonstrierte einen Weg, wie man die richtige Balance zwischen Planung (Top-down) und Partizipation seitens der Bevölkerung (Bottom-up) finden könne. Für ein Pilotprojekt in Bulgarien, so lautete ein Beispiel, ist die Rückmeldung der Stadtbevölkerung von Beginn an ausdrücklich erwünscht gewesen. Auf diese Weise sei der politische Rückhalt gegeben.

Der Stadtplanungssimulator

Wolfgang Loidl, Projektleiter bei AIT, beschreibt die gefundene Lösung so: "Die Bevölkerung legt über Befragungen zunächst die Motivation für ihre Siedlungspräferenzen dar. Anschließend lässt sich mit dieser Grundlage über eine dynamische Simulation die zukünftige Siedlungstätigkeit darstellen." Und nicht nur das. Man habe mit dieser Methode sogar schon die konkreten Gebäude, die in den nächsten Jahren in den unterschiedlichen Stadtteilen errichtet werden sollen, exakt visualisieren können.

Das Modell nennt sich - etwas alleskönnerisch - "Stadtentwicklungssimulator". Auf Knopfdruck soll die Wundermaschine Ergebnisse liefern können. Lautstark in der dieswöchigen Real Corp geäußerte Gedanken, wonach der Stadtplaner damit eines Tages ersetzt werden könnte, zerschlug man sofort wieder. Der Plan komme letztlich immer noch vom Raumplaner - wenn auch neuerdings unter Mithilfe der Crowd. (Peter Matzanetz, DER STANDARD, 24.5.2014)