Was bedeutet Brexit für die Schweiz?

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MEIWas bedeutet Brexit für die Schweiz?

Grossbritannien entscheidet im Juni über den Austritt aus der EU – eine Chance oder eine Katastrophe für die Schweiz?

D. Pomper
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D. Pomper

Schon bald soll es so weit sein: Der Bundesrat will die Frage mit Europa klären, sobald Grossbritannien die Brexit-Abstimmung am 23. Juni hinter sich gebracht hat. Aussenminister Didier Burkhalter hofft auf «eine Lösung noch im Sommer», wie er gegenüber Radio SRF sagte. Doch ob es tatsächlich auf eine rasche Einigung kommt, ist fraglich. Am 23. Juni stimmt die britische Bevölkerung über den Verbleib ihres Landes in der EU ab. Die Brexit-Befürworter haben laut den neuesten Umfragen die Nase vorn (siehe Box).

«Dann wäre die Schweiz nicht wichtig für die EU»

Tim Guldimann, ehemaliger Botschafter und SP-Nationalrat, warnt: «Wenn Grossbritannien aus der EU austritt, ist das, wie wenn sich ein grosser Kanton aus dem Schweizer Wirtschaftsraum verabschieden würde.» Die ganze Bürokratie in Brüssel wäre für die nächsten zwei Jahre extrem gefordert, eine neue Lösung mit London zu finden. Die Schweiz wäre dann sicher nicht wichtig für die EU. «Zu hoffen, dass sich das positiv auf unser Land auswirken würde, ist eine Illusion», sagt Guldimann, denn die EU wäre sehr darauf bedacht, der Schweiz ja keine Zugeständnisse zu machen. Solche hätten Präjudizcharakter für die Verhandlungen mit London, was Brüssel unbedingt vermeiden würde. Bei einem Brexit würde die EU massiv erschüttert und die Wirtschaft in Europa stark belastet. Ein EU-Spitzenbeamter habe ihm vor kurzem gesagt, dass das in Brüssel zu «einem Chaos» führen würde.

Der ehemalige FDP-Präsident Philipp Müller schlägt in die gleiche Kerbe: «Wenn der Brexit kommt, dann wird die EU mit sich selber beschäftigt sein und versuchen, Nachahmer zu verhindern. Die Schweiz wird auf ihrer Agenda völlig unbedeutend. Gespräche über die Umsetzung der MEI rücken in weite Ferne.»

«Efta-Staaten würden mächtiger»

Optimistisch dagegen ist SVP-Nationalrat Lukas Reimann: «Kurzfristig mag es durchaus zu Unsicherheiten kommen. Langfristig aber ist es eine Riesenchance für die Schweiz.» Würde die Efta-Gründernation Grossbritannien zur Europäischen Freihandelsassoziation Efta zurückkehren, stiege die Verhandlungsmacht der fünf Efta-Staaten. Dazu gehört neben Island, Liechtenstein und Norwegen auch die Schweiz. «Ausserdem wäre es eine Chance für ganz Europa, die EU zu reformieren. Und zwar im Sinne der Efta: wirtschaftlicher Handel Ja, politische Einmischung Nein.» Um für dieses Anliegen zu kämpfen, hat Reimann das Komitee Efta 4 UK gegründet und wirbt auf Facebook und Twitter dafür.

Brexit-Befürworter legen zu

Die neusten Umfragen zeigen, dass die EU-Gegner vor den Befürwortern liegen. Laut dem Umfrageinstitut TNS befürworten 43 Prozent einen Brexit, 41 Prozent sind dagegen, der Rest ist unentschieden. Das von der «Times» beauftrage Yougov-Insititut kam sogar auf eine Zustimmung von 45 Prozent (41 Prozent dagegen). Eine Umfrage des rechtskonservativen «Daily Telegraph» zeigte: Sieben von zehn Lesern wollen für den Austritt stimmen.

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