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Bundesratsinitiative Baden-Württemberg will Steuerschlupflöcher für Großkonzerne schließen

Internationale Konzerne nutzen legale Tricks, um in Deutschland Milliarden Steuern zu sparen. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen will sich Baden-Württemberg jetzt zur Wehr setzen. Im Visier: Unternehmen wie Amazon und Starbucks.
Amazon Logistik-Zentrum in Pforzheim: Der Konzern zahlt in Deutschland nur wenig Steuern

Amazon Logistik-Zentrum in Pforzheim: Der Konzern zahlt in Deutschland nur wenig Steuern

Foto: Uli Deck/ dpa

Stuttgart/München - Es geht um Geld, ziemlich viel Geld sogar, auf das Steuerbehörden verzichten müssen, weil viele internationale Großkonzerne mit Hilfe legaler Tricks Schlupflöcher nutzen. Der Schaden ist immens: Die EU hat bereits in der Vergangenheit vor einem Steuerausfall in Höhe von einer Billion Euro pro Jahr durch Steuerumgehung und Steuerhinterziehung für den Staatenbund gewarnt. Für Deutschland wird der Ausfall von Experten auf bis zu 160 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.

Geht es nach dem Willen der grün-roten baden-württembergischen Landesregierung, dann verstärkt die Bundesregierung künftig ihr Engagement gegen die Steuerumgehungsstrategie mancher internationaler Großkonzerne.

Bereits im vergangenen Sommer hatte Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid einen verschärften Kampf gegen Steuerschlupflöcher gefordert. Nach Auffassung des SPD-Politikers hat sich seitdem aber offenbar nicht genug getan. Deshalb will Schmid nach Informationen von SPIEGEL ONLINE jetzt eine Bundesratsinitiative zu dem Thema starten.

Großkonzerne würden es ausnutzen, dass Steuersysteme international nicht aufeinander abgestimmt seien, so der Minister. "Es kann nicht sein, dass die Bürger ihren Arbeitslohn voll versteuern und Großkonzerne teilweise Steuersätze von nur zwei bis drei Prozent bezahlen", erklärte der Minister gegenüber SPIEGEL ONLINE.

"Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte"

Die derzeitigen Steuergestaltungsmöglichkeiten international tätiger Unternehmen würden der Allgemeinheit schaden, heißt es in der Begründung des Entwurfs der Bundesratsinitiative - "weil sie zu einer Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte führt, mit der Folge, dass öffentliche Aufgaben schlechter wahrgenommen werden können".

Konkret spricht sich die baden-württembergische Initiative für mehr Druck des Bundesrates auf die Bundesregierung aus, um Steuertricks internationaler Großkonzerne künftig zu erschweren. So solle sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene "noch intensiver" dafür einsetzen, "die Möglichkeit zur doppelten Nichtbesteuerung von Einkünften (sogenannter "weißer Einkünfte") zu beenden und den doppelten Abzug von Betriebsausgaben ("double dip") unmöglich zu machen". Sogenannte weiße Einkünfte sind solche, die nirgendwo besteuert werden, weil sich aufgrund nationaler Vorschriften kein Land für die Besteuerung zuständig erklärt.

Ferner legt die Initiative der Bundesregierung nahe, "sich zu der Einführung einer europaweiten Anzeige- und Registrierungspflicht von internationalen Steuergestaltungen zu bekennen und sich für deren Einführung einzusetzen". Da eine derartige Regelung kaum zeitnah realisierbar sei, müsse "zunächst eine nationale Regelung geschaffen werden".

Amazon und Starbucks im Visier

Der Vorstoß aus Stuttgart dürfte sich vor allem gegen US-amerikanische Konzerne wie den Internet-Versandhändler Amazon oder die Kaffeehauskette Starbucks richten. Deutschland wirft ihnen schon länger vor, auf aggressive Weise Lücken im Steuerrecht zu nutzen.

So hatte Amazon im Jahr 2012 einen Großteil seines Umsatzes mit deutschen Kunden über Gesellschaften im steuergünstigen Luxemburg abgewickelt und dadurch hierzulande kaum Steuern gezahlt. Der Internet-Versandhändler ist in Deutschland an mehreren Standorten aktiv und beschäftigt rund 9000 Mitarbeiter, auch im baden-württembergischen Pforzheim betreibt Amazon ein Logistikzentrum. Auch Starbucks hatte in der Vergangenheit in der Kritik gestanden, weil die Kaffeehauskette ihre Steuern etwa in Großbritannien mit legalen Tricks auf ein Minmium reduziert hatte.

Baden-Württemberg setzt auf Unterstützung SPD-regierter Länder

Das baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzministerium versteht die Bundesratsinitiative auch als Schutzmaßnahme für den heimischen Mittelstand, der im Südwesten eine wichtige Säule der Wirtschaft ist. Kleine Mittelständler hätten nicht vergleichbare Möglichkeiten zur Steuerminimierung wie internationale Großkonzerne. Durch die gängige Praxis mancher internationaler Konzerne komme es deshalb zu Wettbewerbsverzerrung.

Der Entwurf für die Initiative soll am kommenden Dienstag Thema im baden-württembergischen Kabinett sein und planmäßig Ende Mai in den Bundesrat eingebracht werden. Man erhoffe sich dabei Unterstützung SPD-geführter Landesregierungen, heißt es in Stuttgart.