Deichmann gegen Bank Sal. Oppenheim:Wenn Steuersparen schiefgeht

Schuhhändler Deichmann wächst und expandiert

Die Familie von Heinrich Otto Deichmann hat mit geschlossenen Immobilienfonds viel Geld verloren. Nun prozessiert sie.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Superreiche wie die Familie Deichmann steckten Milliarden in riskante Modelle der Privatbank Sal. Oppenheim - um Steuern zu sparen. Sie haben dabei viel Geld verloren.

Von Uwe Ritzer, Essen/Köln

Europas Schuhkönige meiden rote Teppiche, Schickeria-Partys und Klatschspalten. Bei ihren seltenen öffentlichen Auftritten reden die Deichmanns lieber über das Geschäft, soziale Verantwortung - und den lieben Gott. Die Familie gilt als sehr religiös und sie tut viel Gutes mit ihrem Geld: Hohe Sozialleistungen für die Mitarbeiter, Millionen Euro für Krankenhäuser und Hilfsprojekte in Entwicklungsländern. Ihr Schuhhandel ist zwar der größte des Kontinents. Aber: "Gott wird mich am Ende nicht fragen, wie viele Schuhe ich verkauft habe", sagte einmal Familienoberhaupt Heinz-Horst Deichmann, 87. "Er wird wissen wollen, wie ich als Christ gelebt habe."

Bisweilen plagen die Familienunternehmer jedoch auch ganz profane, irdische Probleme. Steuern zum Beispiel. Da kamen die Steuersparmodelle ganz recht, die der Troisdorfer Immobilienunternehmer Josef Esch und die Privatbank Sal. Oppenheim von Mitte der 1990er-Jahre an auflegten - speziell für einen elitären Kreis von Milliardären und Multimillionären. Inzwischen toben wegen dieser Oppenheim-Esch-Fonds heftige juristische Auseinandersetzungen zwischen der Schuh-Dynastie aus Essen einerseits und Esch/Sal. Oppenheim in Köln andererseits.

Dabei scheinen die Deichmanns lange Zeit sehr zufrieden gewesen zu sein mit den diskreten Anlagen, in die viele aus dem deutschen Geldadel Teile ihres Vermögens steckten: Geschlossene Immobilienfonds, insgesamt waren es knapp 70 an der Zahl. In Bürokomplexe wurde investiert, in Karstadt-Warenhäuser, Fernsehstudios, das Messegelände und die Arena in Köln, die lukrativ vermietet wurden. Inzwischen wird um einige dieser Oppenheim-Esch-Fonds zivilrechtlich gestritten, und auch die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die größten Kläger sind die Deichmanns. Niemand legte mehr Geld in Oppenheim-Esch-Fonds an als die Milliardäre aus dem Ruhrgebiet: 300 Millionen Euro waren es nach Feststellungen des Landgerichtes Bonn. Es wies bereits zwei Klagen der Deichmanns ab.

Das Risiko wurde heruntergespielt, behauptet Deichmann

Vergeblich hatten sie auf die Rückabwicklung von mehreren Fonds und Schadenersatz geklagt. Begründung: Esch und frühere Oppenheim-Banker hätten sie über den Tisch gezogen. Ihre Mandanten seien arglistig getäuscht und durch falsche und unvollständige Angaben zum Fondsbeitritt überredet worden, trugen die Deichmann-Anwälte dem Gericht vor. Risiken seien bewusst heruntergespielt worden und überhaupt habe das Fondskonstrukt nur der Anlegertäuschung gedient.

Doch wenn sehr reiche, unternehmerisch erfolgreiche und von Beratern umgebene Menschen sich plötzlich in privaten Gelddingen unbedarft und arglos geben, geraten sie auch vor Richtern schnell in die Glaubwürdigkeitsfalle. Man könne von ihnen ein größeres Wissen über die Anlagerisiken erwarten als vom Mann auf der Straße, belehrte das Gericht die Deichmanns. Und ließ die Schuhfabrikanten abblitzen: Weder habe es eine arglistige Täuschung gegeben, noch habe Esch Aufklärungspflichten verletzt. Auch "das unternehmerische Risiko war den Klägern bekannt", befanden die Bonner Richter. Sie verurteilten die Deichmanns obendrein, noch ausstehende zweistellige Millionenbeträge für Kredite an Sal. Oppenheim zurückzuzahlen, verzinst mit bis zu acht Prozent.

Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig - die Deichmanns haben dagegen Berufung eingelegt. Auf Anfrage wollten sie sich ebenso wie Josef Esch nicht äußern.

Die Verfahren bieten tiefe Einblicke, wie Multimillionäre und Milliardäre über viele Jahre hinweg mithilfe von Josef Esch und Sal. Oppenheim ihre Steuerschuld legal gemindert haben. Das Vehikel zum Steuersparen waren besagte Fonds. Die Einlagen der Beteiligten wurden zu einem großen Teil über Kredite bei Sal. Oppenheim finanziert, bisweilen kamen die Darlehen auch von der Stadtsparkasse Köln-Bonn. Für die Tilgung wurde die Steuerersparnis eingesetzt, welche die Fonds ermöglichten.

Zu den Investoren gehörten neben den Deichmanns auch Ex-Bertelsmann- und Arcandor-Chef Thomas Middelhoff und andere namhafte Personen aus der deutschen Wirtschaft: Oetker, Haniel, der Bankerbe von Finck, die Familien hinter bekannten Marken wie Haribo oder Douglas. Insgesamt investierten mehr als 200 Vermögende etwa 4,3 Milliarden Euro - nur ein Bruchteil von ihnen klagt allerdings.

Man verbrachte gemeinsam Zeit im Urlaub - nun ist der Ton unterkühlt

Mit einer Ausnahme holten sich alle bei Gericht bislang nur blutige Nasen, auch die Deichmanns. Nun zetteln sie einen neuen Streit an. Es geht um ein Bürogebäude in Köln und den dahinter stehenden Fonds Ossendorf III. Im Juli versuchten die Schuhkönige den Putsch: Per Gesellschafterbeschluss wollten sie Josef Esch als Geschäftsführer der entsprechenden Gesellschaft abberufen und stattdessen über ihre Deichmann-Familienstiftung selbst das Ruder übernehmen. Begründung: mangelnde Transparenz.

Außerdem sei es geschäftsschädigend, dass sich Josef Esch zusammen mit Ex-Top-Bankern von Sal. Oppenheim als Angeklagter in einem Untreue-Prozess vor dem Landgericht Köln verantworten muss. Das Argument taugt nur bedingt. Denn auch gegen einen Vertreter der Deichmanns in der Gesellschafterversammlung ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft, wegen Beihilfe zur Untreue.

Es geht um nach Ansicht der Ermittler dubiose Geldströme in Zusammenhang mit der Köln-Arena. Der Mann gehört nicht zur Familie. Er ist Geschäftsführer einer Dienstleistungsfirma, die nach dem Willen der Deichmanns einen Beratervertrag für die Fondsgesellschaft Köln Ossendorf III erhalten soll. Unklar ist, ob diese Firma mit der Deichmann-Gruppe verbandelt ist. Auch dazu machte Deichmann keine Angaben.

Die Briefe in der Angelegenheit nehmen an Schärfe zu. Esch weigert sich, den Geschäftsführerposten aufzugeben. Mit dem neuerlichen Zoff zerbricht offenkundig auch endgültig eine Freundschaft.

Zwischen den Deichmanns und den Eschs gab es längere Zeit auch private Beziehungen; sogar im Urlaub verbrachte man Zeit miteinander. Josef Esch war zeitweise Mitglied im Kuratorium der Deichmann-Familienstiftung und von einem Familienmitglied sogar zum Testamentsvollstrecker benannt. So steht es in einem der beiden Bonner Landgerichtsurteile. Deichmann jedoch dementiert dies. Inzwischen ist der Ton unterkühlt und vorwurfsvoll.

In einem Brief behauptet Esch, auf die Frage, weshalb er so viel gegen ihn klage, habe Schuhkönig Heinz-Horst Deichmann geantwortet, er wolle sein Gesicht nicht verlieren. Von Deichmann gab es auch dazu keine Stellungnahme.

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