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Das Wirtschaftsleben ist in Kiew weitgehend zum Erliegen gekommen. Bewaffnete Garden der neuen Machthaber bewachen Geschäfte. Viele Läden sind seit Ausbruch der Unruhen verbarrikadiert. Die verworrene Lage trifft auch die österreichischen Banken, die in dem Land engagiert sind.

Foto: AP/Morenatti

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Eine kollabierende Währung und zunehmendes Gerede über eine mögliche Staatspleite: Die Ukraine hat es auch nach dem Sturz von Staatschef Wiktor Janukowitsch alles andere als leicht. International in den Blickpunkt gerückt ist die Entwicklung der Landeswährung Hrywnja: Sie befindet sich derzeit im freien Fall und hat am Donnerstag ein neues Rekordtief gegenüber dem US-Dollar erreicht. Seit Jahresbeginn hat die Hrywnja bereits 28 Prozent an Wert verloren.

Banken, Investoren, aber auch Unternehmen und Bürger verkaufen die Hrywnja. Einerseits, weil sie Angst vor einer weiteren Abwertung haben und vorsorgen wollen. Andererseits ist wie immer in solchen Krisensituationen auch ein Spekulationselement mit im Spiel: Wer sich nun Dollar besorgt und dafür später noch billiger Hrywnja kauft, kann sogar einen Gewinn machen.

Neben dem Absturz der Hrywnja sprechen Bankanalysten auch von einer dramatischen Entwicklung bei der Notenbank in Kiew. Größtes Problem dort sind die dahinschmelzenden Fremdwährungsreserven. Noch Ende Jänner verfügte die Zentralbank über Reserven in Höhe von 17,8 Milliarden Dollar, im Februar sanken sie um 2,2 Milliarden Dollar. Ein Teufelskreis: Die Leute verkaufen ihre Hrywni, dadurch sinken die Reserven, und das wiederum erhöht die Angst zusätzlich, dass die Währung verfällt.

Notenbank gibt ihre Politik auf

Die Notenbank musste wegen der Entwicklung ihre bisherige Politik, die Hrywnja durch Käufe und Verkäufe möglichst stabil gegenüber dem Dollar zu halten, bereits aufgegeben. Die große Frage ist, welche Auswirkungen die Währungskrise hat und ob das Land tatsächlich pleitegehen könnte?

Einig sind sich alle vom Standard kontaktierten Ökonomen, dass der Hrywnja-Verfall keinen großen Schaden anrichtet, sofern die Situation nicht weiter eskaliert. Der Internationale Währungsfonds (IWF) etwa rät den Ukrainern seit Monaten dazu, ihre Währung abzuwerten, um damit die Exporte anzukurbeln.

Doch setzt sich der Verfall fort, wird es hart: Wie in Ungarn oder Kroatien haben sich viele Ukrainer in Fremdwährungen verschuldet. Rund 70 Prozent der Darlehen wurden in Fremdwährungen vergeben. Die österreichischen Banken, in der Ukraine die Raiffeisen Bank International (RBI) und die Bank Austria, hatten an dem Boom einen großen Anteil.

RBI und Bank Austria leiden

Beide haben laut Ratingagentur Moody's zusammen Kredite in Höhe von acht Milliarden Euro im zweitgrößten Land Europas vergeben. Allein die Abwertung der Hrywnja dürfte sich negativ auf die Banken auswirken. Dazu kommt die gestiegene Ausfallsgefahr für die Darlehen. Analysten meinten, die lokalen Tochterbanken müssten notfalls von den österreichischen Müttern gestärkt werden. RBI will ihre Beteiligung, die Bank Aval, verkaufen.

Auch die gestiegene Insolvenzgefahr der Ukraine belastet die Institute, die - inklusive Erste Group, die sich aus dem Land zurückgezogen hat - am Donnerstag gröbere Kursverluste hinnehmen mussten. Moody's beziffert das Obligo bei ukrainischen Staatsanleihen von RBI mit 500 Millionen und von UniCredit/Bank Austria mit 220 Millionen Euro.

Fehlenden Devisen werden aber auch für Unternehmen auf längere Sicht zum Problem: Die Ukraine fährt laufend ein hohes Leistungsbilanzdefizit ein; Importeure, die im Ausland kaufen wollen, brauchen die Euros und Dollars von der Notenbank.

Unmittelbar keine Pleite

Hinzu kommt, dass die Ukraine sich wegen der Entwicklung zunehmend schwertun dürfte, seine in Dollar oder Euro laufenden Auslandschulden zu bedienen. "Unmittelbar droht zwar keine Staatspleite", sagt Valentin Hofstätter, von der Raiffeisen Research in Wien. In den kommenden Monaten sind die Zahlungspflichten Kiews gering. Im März muss das Land 300 Millionen Dollar an seine Gläubiger überweisen. Im April werden noch einmal 650 Millionen fällig, viel mehr kommt aber nicht nach heuer. "Doch ohne Finanzhilfe für das Land wird es für die Ukraine schwierig, sich über Wasser zu halten", so Hofstätter.

Hier kommt der Internationale Währungsfonds ins Spiel: IWF-Chefin Christine Lagarde teilte am Donnerstag mit, dass die ukrainische Übergangsregierung den Fonds um Finanzhilfe ersucht habe. Die große Frage ist nun, wie rasch der IWF Gelder bereitstellt und ob er Bedingungen stellt.

Die alte Regierung in Kiew und der IWF hatten bereits im Dezember versucht, einen Abkommen auszuarbeiten. Die Sache platzte jedoch unter heftigen gegenseitigen Schuldzuweisungen. Der Währungsfonds monierte vor allem, dass die Regierung nicht zu Einsparungen und zu anderen Maßnahmen - etwa zur Erhöhung der Gaspreise - bereit sei. In der Vergangenheit zeigte sich der Währungsfonds mit Kiew oft kulanter als mit anderen Staaten - die USA und die Europäer waren lange darum bemüht, dem Land finanziell entgegenzukommen, um die Ukraine nicht in die Arme Moskaus zu treiben. (András Szigetvari, Andreas Schnauder, DER STANDARD, 28.2.2014)