Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte 10x13

Endlich bringt Take It Back Gewissheit darüber, ob sich April für Jackson oder doch für Matthew entscheidet. Obwohl in dieser Episode von Grey's Anatomy auch noch andere Konflikte aufgelöst werden, kommt es zu keinen emotionalen Sternstunden.

Mit der Episode Take It Back wird die zweite Hälfte der nunmehr zehnten Staffel von Grey's Anatomy eingeleitet. Im Zentrum des Zuschauerinteresses sollte nach dem Cliffhanger der vorangegangenen Folge wohl vor allem die Frage stehen, welcher Mann sich im Kampf um April Kepner (Sarah Drew) durchsetzen konnte.

Dass eine Serie mit langer Laufzeit nicht in all ihren Folgen das dramaturgische Rad neu erfindet, sollte niemanden verwundern. Dennoch gelingt es der Serienschöpferin Shonda Rhimes so regelmäßig, die Zuschauer gekonnt vor den Kopf zu stoßen, dass man stets insgeheim mit der nächsten großen Gefühlsaufwallung rechnet. Doch derartige Momente sind in Episode „zweihundertneun“ bedauerlicherweise spärlich gesät.

Sie hat Ja gesagt!

Liebt April Matthew (Justin Bruening)? Oder liebt April Jackson (Jesse Williams)? Alles hat zunächst den Anschein, dass es in diesem Liebeskrieg am Ende keine Gewinner gibt und alle Betroffenen leer ausgehen. Die Episode Take It Back konfrontiert das Publikum beharrlich mit falschen Fährten, bis sich am Ende die Fans von Japril (oder wie auch immer) als Sieger fühlen dürfen. Denn wie sich herausstellt, sind Kepner und Avery mittlerweile verheiratet.

Aprils lang andauernde Unentschlossenheit bezüglich ihres Partners hatte der Rezensentin schon in der Vergangenheit zugesetzt. Dementsprechend schwer zu ertragen sind nun Szenen wie die, in der die Ärztin weinend aus Jacksons Auto steigt, um sich bei Matthew zu entschuldigen. Hier scheinen sich bereits wieder tränenreiche Monologe und religiöse Schuldgefühle anzukünden.

Als man dann jedoch einen Blick auf Aprils Ehering erhascht, kann man die überraschende Wendung in der Serie aus zweierlei Gründen als gelungen klassifizieren. Zum einen macht das glückliche Paar zusammen tatsächlich einen ausgesprochen stimmigen Eindruck (dies ist nicht zuletzt der guten Chemie zwischen den Schauspielern Drew und Williams zu verdanken). Zum anderen manifestiert sich hier gleichzeitig die zarte Hoffnung darauf, dass Aprils Liebesqualen nun vielleicht entgültig ein Ende gesetzt sein könnten.

Die Zeit heilt viele Wunden

Auch in Bezug auf das Problempaar aus Arizona (Jessica Capshaw) und Callie (Sara Ramirez) sorgt der dreiwöchige Zeitsprung in der Episode dafür, dass der erste Eindruck in die Irre führt. Während das Ende der Beziehung eben noch unmittelbar bevor zu stehen scheint, sind die beiden Ehefrauen wenige Wochen später so glücklich wie schon lange nicht mehr.

Für Arizona (Jessica Capshaw) und Callie (Sara Ramirez) scheint sich am Ende doch alles zum Guten zu wenden. © ABC

Arizona sieht in dem neuen Haus die Chance für einen Neubeginn, der weder von ihrer Affäre noch von den Strapazen überschattet wird, die mit der Amputation ihres Beines einhergingen. Da sich auch Callie von der zukunftsbejahenden Einstellung ihrer Partnerin anstecken lässt, verströmt dieser Handlungsstrang jede Menge häusliche Behaglichkeit. Es scheint, als müsse man sich zumindest um dieses Paar vorerst keine Sorgen machen.

Nachspiel für Shane

Zunächst scheint die Zeit auch all die Probleme aus der Welt geschafft zu haben, die sich der Assistenzarzt Shane Ross (Gaius Charles) in der Folge Get Up, Stand Up eingebrockt hatte. Höchstens der feindliche Ton, den Dr. Hunt (Kevin McKidd) gegenüber Shane an den Tag legt, erinnert noch daran, dass hier etwas Schlimmes vorgefallen war.

Doch auch Alex (Justin Chambers) hat nicht vergessen, dass Ross in der letzten Folge fast seinen leiblichen Vater James Evans (James Remar) ins Jenseits befördert hatte. So holprig und konstruiert Karevs physischer Übergriff auf Ross auch aussehen mag, so sehr rührt einen im nächsten Moment der Anblick eines völlig überforderten Alex zu Herzen, der sich entkräftet auf seine Freundin Meredith (Ellen Pompeo) stützt.

Ein versöhnliches Ende

Immerhin hat Shanes durch seinen „Heather-Trauma“ gespeisten Übergriff auf Evan Karev gegenüber seinem Rabenvater etwas versöhnlicher gestimmt. Bevor James tatsächlich verstirbt, hat sein Sohn so die Gelegenheit, ihm gegenüber menschliche Größe zu beweisen. Die verhältnismäßig versöhnlichen letzten Minuten an der Seite von Evan werden das Vater-Trauma für Alex zwar nicht aus der Welt schaffen. Dennoch sollten sie es Karev erleichtern, sich nun vollends auf die Zukunft mit seiner Freundin Jo (Camilla Luddington) zu konzentrieren.

Zweifellos ist Alex seine Beziehung trotz der kommunikativen Schwierigkeiten ernst. Das manifestiert sich auf eine Weise, die gut zu den beiden komplexen Charakteren passt: Der knurrige Alex macht seiner zuweilen unzugänglichen Partnerin unbeholfen einen quasi-Antrag. Sowohl Jo als auch Alex sind dabei stur genug, um eine Geste der Liebe in einen Streit eskalieren zu lassen. Als die beiden sich dann aber an James' Totenbett in wortloser Eintracht zusammenfinden, lösen sich alle Sorgen um den Fortbestand dieses Paares aus Grey's Anatomy in Luft auf.

Too good to be true

Die Annäherung zwischen Meredith und Cristina Yang (Sandra Oh), die bereits im hochzeitlichen Trubel der Episode Get Up, Stand Up ihren Anfang genommen hatte, macht weiterhin Fortschritte. Als die Freundinnen gemeinsam im OP stehen, ist - trotz offenkundiger Vorsicht auf beiden Seiten - schon fast wieder die ungezwungene Vertrautheit von früher zu spüren. Nach den vielen harten Worten der Vergangenheit sind Szenen wie diese bitter nötig - und zudem einfach schön mitanzusehen.

Wird es noch weitere Konsequenzen für Shane Ross (Gaius Charles) geben? © ABC

In Bezug auf ihre Ehe hält sich für Meredith die Harmonie jedoch in Grenzen. Leider kann der Erzählstrang um einen Derek Shepherd (Patrick Dempsey), dessen Dienste von dem vermeintlich mächtigsten Mann der Welt persönlich in Anspruch genommen werden, kaum überzeugen. So macht Derek in dieser Geschichte, die in ihrer Gänze allzu unwahrscheinlich anmutet, schlichtweg eine zu perfekte Figur.

Kurz kommt ein Hauch von Spannung auf, als der Name eines Unbekannten ein dunkles Geheimnis in der Vergangenheit des chronischen Saubermannes Shepherd andeutet. Doch letztendlich entpuppen sich Dereks mysteriöse Geldspenden lediglich als weiterer Indikator dafür, dass der chirurgische Superstar das Herz - gelinde gesagt - am rechten Fleck hat. Doch wie perfekt kann ein Mensch sein?

Der Tiger in dir

Ein Mann wird in das Grey Sloan Memorial Krankenhaus eingeliefert, der sich einst äußerlich einer Wildkatze angeglichen hat. Der Patient bringt zwar eine Spur von Humor in die Handlung („The kind of woman who find me attractive, scare the crap out of me“), doch die Geschichte an sich ist ungeschickt inszeniert.

Warum sollte gleich Panik ausbrechen, nur weil ein Patient - lediglich am Arm verletzt - sich vorübergehend nicht in seinem Zimmer befindet? Ist es tatsächlich notwendig, dass anschließend ein Kind, der Katzen-Mann und auch Arizona in künstliches Geschrei ausbrechen? Es bleibt zu hoffen, dass die Serienverantwortlichen diese holprige Patientengeschichte noch durch ein gelungenes Ende aufwerten werden.

Fazit

Take It Back verschont die Zuschauer mit schrecklichen Dramen. So wird wohl kaum jemand dem Charakter von Alex' Vater James lange hinterhertrauern. Die Tatsache, dass zudem ein Großteil der zwischenmenschlichen Konflikte aus der Vorgängerepisode vorerst ein gutes Ende finden, wirkt dabei einerseits wie eine Art emotionale Verschnaufpause. Auf der anderen Seite weist die Episode trotz des dreiwöchigen Zeitsprunges und den dadurch vorangetriebenen Handlungssträngen einige Längen auf. Immerhin werden Sequenzen wie die versehentliche Verlobung von Jo und Alex oder die längst überfällige Versöhnung zwischen Miranda (Chandra Wilson) und Ben (Jason George) aber den Charaktereigenschaften der betroffenen Figuren gerecht.

Für den wenig kraftvoll geratenen Cliffhanger dieser Episode muss allem Anschein nach die tief verletzte Stephanie (Jerrika Hinton) herhalten. Zu ihrer Beschwerde bei der Abteilung human recources wird sie dabei von ihrer Kollegin Leah (Tessa Ferrer) angestachelt. Dass die Assistenzärztin durchaus zu unverhältnismäßigem Verhalten fähig ist, hatte sie ja in der aktuellen Staffel schon hinreichend mit ihrem Liebeswahn gegenüber Arizona demonstriert.

Doch irgendwie wirkt das Verbot von Beziehungen am Arbeitsplatz, das mit Stephs Beschwerde einhergeht, kaum ernsthaft bedrohlich. Das Grey Sloan Memorial Krankenhaus wäre ohne seine innerbetrieblichen Affären schließlich ebenso wenig vorstellbar wie ohne seine Patienten...