Das Widerrufsrecht für Verbraucher gilt unter anderem nicht, wenn der Kunde Ware bestellt hat, die speziell nach seinen individuellen Wünschen hergestellt wurde. Aber reicht es dafür aus, dass dem Kunden überhaupt die Möglichkeit der Individualisierung angeboten wird? Nein, sagt das AG Dortmund.

Ein Unternehmer bot bei eBay eine Couch mit der Bezeichnung “Wohnlandschaft G8009D Leder Couch Schwarz Weiß Braun Büro Sofa Garnitur” für 1.699 Euro an. Das Produktbild zeigte diese Couch in der Hauptfarbe Weiß und der Nebenfarbe Schwarz mit rechtsbündiger Liegefläche. Angegeben wurde, dass von dieser Couch 5 Stück verfügbar seien. Weiter hieß es in der Produktbeschreibung:

“Exklusive Designer Garnitur Modell: G8009D […] Das Modell können Sie in verschiedenen Farben bestellen. Zudem können wir Sonderwünsche umsetzen. Wollen Sie die Wohnlandschaft spiegelverkehrt? Kein Problem! Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf.”

Daran anschließend wurden 17 verschiedene Farbmöglichkeiten abgebildet, unter anderem wieder Schwarz und Weiß, daneben aber auch einige Creme-, Rot- und Brauntöne.

Unter dem Punkt “Lieferung” hieß es:

“Um Ihnen den bestmöglichen Preis anbieten zu können, produzieren wir die Ware auf Nachfrage. Die eingesparten Lagerkosten kommen somit dem Kunden zugute.”

Der Verbraucher rief bei dem Händler an und handelte zunächst einen Rabatt von 50 Euro heraus. Er bestellte die abgebildete Couch (also in Schwarz und Weiß), allerdings mit einer linksbündigen Liegefläche. Die Couch wurde geliefert und der Kaufpreis bezahlt.

Einen Tag nach der Lieferung erklärte der Verbraucher den Widerruf des Vertrages. Diesen Widerruf akzeptierte der Händler nicht.

Auch den nochmals durch den Anwalt des Verbrauchers erklärten Widerruf wies der Händler zurück. Er war der Meinung, dem Kunden stehe ein Widerrufsrecht nicht zu, da es sich bei der Couch um ein Produkt handelte, welches nach Kundenspezifikation hergestellt worden sei. Dabei berief er sich auf ein Urteil des LG Düsseldorf (Urt. v. 12.2.2014, 23 S 111/13).

Widerrufsrecht war nicht ausgeschlossen

Das AG Dortmund (Urt. v. 28.4.2015, 425 C 1013/15) gab der Klage statt und verurteilte den Händler zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme der Couch. Das Widerrufsrecht des Kunden war vorliegend nicht wegen Kundenspezifikation ausgeschlossen.

Das Gericht bezieht sich dabei explizit auf das “Notebook-Urteil” des BGH zur Kundenspezifikation, welches noch zum alten Recht ergangen ist, und stellt fest, dass diese Rechtsprechung ohne Weiteres auch nach neuem Recht noch Anwendung findet.

“Zwar kann wohl die Anfertigung der Couch-Garnitur nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden. Es fehlt aber an der zweitgenannten Voraussetzung, denn die streitgegenständliche Couch-Garnitur ist nicht derart durch die Wünsche des Klägers individualisiert, dass sie für die Beklagte im Falle ihrer Rücknahme (wirtschaftlich) wertlos ist, weil die Beklagte sie wegen der vom Kläger veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen absetzen kann.

Auch dass – betrachtet man die Angebotsseite der Beklagten – die Möglichkeit der Äußerung von „Sonderwünschen“ genannt und im unmittelbaren Anschluss daran angeboten wird, die Couch-Garnitur könne ebenso „spiegelverkehrt“ geliefert werden, macht ein Sofa mit einer linksbündigen Liegefläche nicht per se zu einem „Sonderwunsch“ resp. zu einem nach Kundenspezifikation angefertigten Gegenstand.

Etwas anderes ergibt sich im konkreten Fall ebenfalls nicht aus dem Umstand, dass die 17 möglichen Farbvarianten insgesamt 289 verschiedene Farbkombinationen ermöglichen, bzw. dass der Kunde – ergänzt man dieses Auswahlpotenzial durch die jeweilige Möglichkeit, die Liege rechts- oder linksbündig anzuordnen – in toto 578 unterschiedliche Garnituren des Modells G8009D bestellen kann. Denn in Ansehung der Absatzmöglichkeiten eines durch die Beklagte zurückgenommenen Sofas kann nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass der Absatz mit erheblichen Schwierigkeiten und erforderlichen Preisnachlässen verbunden ist.

Ob dies für alle Kombinationen gilt bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Hier geht es um eine gängige Farbkombination.

Hierin liegt nach Ansicht des Gerichts ein entscheidendes Absatzkriterium. Insofern folgt das Gericht für solche Standardfarben nicht der Entscheidung des LG Düsseldorf (Urt. v. 12.02.2014, Az. 23 S 111/13), das insoweit nicht differenziert. Während noch nachvollziehbar ist, dass beispielsweise eine Kombination aus einem Rot- und einem Creme-Ton nur unter erschwerten Bedingungen absetzbar ist, gilt dies jedenfalls nicht in gleicher Weise für eine Kombination aus Schwarz und Weiß.

Dafür spricht zum einen das sich neben dem „Sofort-Kaufen“-Button befindliche Bild auf der Angebotsseite der Beklagten, das in der Hauptfarbe Weiß und der Nebenfarbe Schwarz gehalten ist. Diese Farbkombination lässt sich sofort und ohne weitere Angaben des Kunden bestellen; zudem sind mehrere Couch-Garnituren in eben dieser Ausfertigung schon verfügbar, worüber die Angebotsseite der Beklagten jeweils aktuell Auskunft erteilt.

Darüber hinaus sind die Farben Schwarz und Weiß in dem Titel des Angebots enthalten („Wohnlandschaft G8009D Leder Couch Schwarz Weiß Braun Büro Sofa Garnitur“). Derartige Formulierungen der Anbieter verfolgen den Zweck, bei entsprechenden Suchanfragen der Nutzer der ebay-Plattform das Angebot als Treffer erscheinen zu lassen.

Infolgedessen orientieren sich die Formulierungen an den Suchanfragen, die typischerweise erfolgen. Sind dabei die Farben Schwarz und Weiß aufgeführt, kommt darin zum Ausdruck, dass die Farben – zugleich in ihrer Kombination – oftmals gesucht und mithin auch regelmäßig nachgefragt sind, was im Hinblick auf die neutralen Farben Schwarz und Weiß unmittelbar einleuchtet und der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Aus all dem ergibt sich, dass zumindest eine Couch-Garnitur wie jene, die neben dem „Sofort-Kaufen“-Button abgebildet ist, mithin ein Sofa in der Hauptfarbe Weiß und der Nebenfarbe Schwarz mit rechtsbündiger Liege, ohne erhebliche Schwierigkeiten oder Preisnachlässe am Markt absetzbar ist.

Dem Kläger wurde – jenseits der streitigen Frage, ob er das Sofa in dieser Ausführung tatsächlich bestellt hat – exakt die Couch-Garnitur in der Hauptfarbe Weiß und der Nebenfarbe Schwarz geliefert, die auf der Angebotsseite neben dem „Sofort-Kaufen“-Button abgebildet ist.

Der einzige Unterschied zwischen dem abgebildeten (und nach den obigen Ausführungen ohne besondere Anstrengungen oder Einbußen absetzbaren) und dem gelieferten Sofa besteht demnach in der Ausrichtung der Liegefläche, die bei dem abgebildeten Sofa rechtsbündig, beim Kläger linksbündig angeordnet ist.

Dass ein Sofa mit rechtsbündiger Liegefläche aber deutlich besser absetzbar wäre als ein Sofa mit linksbündiger Liegefläche, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, die dem Kläger gelieferte Couch-Garnitur sei nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen absetzbar.”

Fazit

Bei der Frage, ob ein Vertrag wegen der Lieferung von Waren, die erst aufgrund individueller Auswahl des Verbrauchers hergestellt werden, vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind oder nicht, kommt es also nicht auf die abstrakte Möglichkeit an, dass der Verbraucher ein Produkt überhaupt individualisieren könnte. Es kommt vielmehr auf das konkret bestellte Produkt an. Der Händler müsste im Einzelfall klar nachweisen, dass er das vom Verbraucher bestellte Produkt aufgrund seiner individuellen Gestaltung nicht mehr oder nur mit erheblichen Preisnachlässen absetzen könnte. (mr)

Bildnachweis: Piotr Adamowicz/shutterstock.com

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