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EU-Mann in der Türkei Das steckt hinter dem Rücktritt des Botschafters

Der deutsche EU-Botschafter in Ankara packt seine Koffer. Offenbar hat Hansjörg Haber die türkische Regierung gegen sich aufgebracht - mit einem missverständlichen Sprichwort.
Hansjörg Haber

Hansjörg Haber

Foto: Yves Logghe/ AP
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Ein türkisches Sprichwort gab womöglich den Ausschlag für den Rücktritt von Hansjörg Haber, dem deutschen EU-Botschafter in Ankara: Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete Mitte Mai, Haber sei einbestellt worden, weil er mit Blick auf den Streit über die EU-Visumfreiheit ein Sprichwort zitiert habe - das eigentlich nur Türken kennen. "Beginnen wie ein Türke und beenden wie ein Deutscher", soll Haber gesagt haben. "Hier ist es umgekehrt."

Mit der Redewendung ist gemeint, eine Arbeit nicht nur mit großem Eifer anzugehen, sondern sie dann auch diszipliniert zu Ende zu bringen. Haber, so ist zu hören, wollte die Türken damit eigentlich loben, weil sie die Voraussetzungen für die Visafreiheit so diszipliniert abarbeiten.

Die Regierung in Ankara verdächtigte den Diplomaten, die Türken verächtlich machen zu wollen. "Dieser deutsche Botschafter der EU soll dem türkischen Volk erklären, was er meint, wenn er 'wie ein Deutscher und wie ein Türke' sagt", schimpfte der damalige EU-Minister Volkan Bozkir. Kein Botschafter habe "das Recht, die Bevölkerung des Landes zu demütigen, in dem er sich aufhält, oder etwas über dessen Präsidenten zu sagen".

Der neue türkische Europaminister Ömer Celik erklärte am Dienstag, Haber habe die beiden Grundprinzipien eines Diplomaten seines Ranges verletzt: die Werte und das Amt des Präsidenten jenes Landes zu respektieren, in das er entsandt worden sei.

Haber hatte den Posten in der Türkei erst im Oktober vergangenen Jahres übernommen. Er begann seine Laufbahn vor 34 Jahren im Auswärtigen Amt, machte an den Botschaften in Paris, Bern, Manila, Ankara, Moskau und Beirut Station und leitete ab 2008 die komplizierte Georgien-Mission der EU.

In Brüssel hält sich die Trauer um den Abgang in Grenzen. EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini habe ohnehin vorgehabt, Haber abzulösen, ist zu hören. Haber sei nicht Mogherinis erste Wahl für den delikaten Posten gewesen; Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe ihn durchgesetzt.

Eine wirklich wichtige Rolle beim Aushandeln des Flüchtlingsdeals habe Haber, anders als der deutsche Botschafter in Ankara, nicht gespielt. Ähnlich berichten türkische Medien über die Personalie: Mogherini habe den Rücktritt gefordert, berichtet die türkische Zeitung "Hürriyet". Eine Intervention Deutschlands habe nicht gereicht, um die Spannungen zwischen Mogherini und Haber abzubauen.

Wer Habers Nachfolger wird, ist noch nicht bekannt. Eines ist aber klar: Die Beziehungen zur Türkei sind zu wichtig, als dass sich die EU erneut eine problematische Besetzung leisten kann.

als/mp/Reuters/dpa