Berlins U-Bahnen und Trams sind marode. Neue Wagen sollen von der BVG auf Pump angeschafft und über Jahrzehnte abbezahlt werden.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen in den nächsten 20 Jahren ihren betagten Fuhrpark erneuern. Für den Kauf neuer U-Bahnen und Straßenbahnen müssen bis 2035 mindestens 3,1 Milliarden Euro aufgebracht werden. Für den Erwerb wird die BVG zum 1. Januar 2016 eine Finanzierungsgesellschaft gründen, die einen Großteil der nötigen Mittel als Kredite aufnimmt. Die Schulden werden über die Lebensdauer der Wagen von 35 Jahren abgetragen. Diese Konstruktion zur Finanzierung der Investitionen hat Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) jetzt dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses offiziell vorgestellt.

BVG soll zunächst bis 2019 in Vorleistung gehen

Die Finanzierung wird sich demnach bis zum Jahr 2069 hinziehen. Um Abschreibungen und Zinsen bezahlen zu können benötigt die neue BVG-Tochter bis zu diesem Datum jährliche Zuschüsse von 91 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt. Denkbar sei aber auch, die Beträge stufenweise auszuzahlen und nicht linear jedes Jahr den gleichen Betrag zu überweisen, erklärte Finanz-Staatssekretärin Margaretha Sudhof den Volksvertretern. Dann könnten die Jahresbeträge zwischen 130 und 55 Millionen Euro schwanken. Der Landesetat wird aber erst ab 2020 mit diesen zusätzlichen Ausgaben belastet. Für 2015 bis 2019 soll die BVG selbst in Vorleistung gehen und insgesamt 480 Millionen Euro aufbringen. Erst wenn ab 2020 ein neuer Verkehrsvertrag zwischen dem Land und der Anstalt öffentlichen Rechts gelten wird, soll das Geld vom Finanzsenator kommen. Neue Busse für rund eine Milliarde Euro soll die BVG bis in die 2030er-Jahre hinein aus eigenen Mitteln finanzieren. Die neuen Schienenfahrzeuge sind notwendig, weil vor allem die Züge der Berliner U-Bahn, aber auch ein Teil der Trambahn-Flotte ihre reguläre Lebensdauer schon überschritten haben.

Die schmaleren U-Bahn-Züge für die sogenannten Kleinprofil-Linien U1 bis U4 sind im Durchschnitt 24 Jahre alt, die breiteren Züge auf den Linien U5 bis U9 haben im Schnitt sogar schon 26 Jahre auf dem Buckel. Experten der BVG halten ein Durchschnittsalter von maximal 20 Jahren für gesund. Weil viele Fahrzeuge marode sind, muss ab dem Jahr 2016 begonnen werden, neue Züge anzuschaffen. Bis die ersten Bahnen dann rollen, dauert es aber mindestens fünf weitere Jahre, sodass die ersten neuen U- und Straßenbahnen erst ab dem Jahr 2020 im Einsatz sein sollen.

Aber es geht nicht nur um Ersatz der vorhandenen Fahrzeuge, sondern auch um zusätzliche Züge. Müssten nur die alten Wagen ersetzt werden, käme man mit Investitionen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro aus. Weil aber auch die Planer der BVG von einer wachsenden Stadt mit mehr Einwohnern, mehr Touristen und auch zusätzlichen Strecken ausgehen, werden nach den Berechnungen 800 Millionen Euro zusätzlich für einen modernen Wagenpark benötigt. Mehr als die Hälfte der gesamten Investitionssumme, nämlich 1,6 Milliarden Euro, soll für neue breite U-Bahnen ausgeben werden. Die neuen Kleinprofil-Züge werden mit 720 Millionen Euro berechnet. Die neuen Straßenbahnen sollen 660 Millionen Euro kosten. Weitere 131 Millionen Euro kommen hinzu, um Fahrzeuge neu zu konfigurieren.

55 Prozent ihrer Kosten muss die BVG selber decken

Insgesamt will der Senat sein städtisches Nahverkehrsunternehmen BVG langfristig mit rund 600 Millionen Euro pro Jahr finanzieren, hinzu kämen dann noch die Raten für die neuen Bahnen. Für den Ausbau des Netzes, im Bericht „Weiterentwicklung der Infrastruktur genannt“, sollen 32 Millionen Euro pro Jahr bereitstehen.

Für 2016 bis 2019 sind ausweislich des Berichts an die Parlamentarier pro Jahr insgesamt 649 Millionen aus dem Landeshaushalt für die BVG vorgesehen. 308 Millionen fließen über den Verkehrsvertrag an die BVG für ihre reguläre Leistung. 140 Millionen erhält die Anstalt für besondere Angebote wie etwa für das Schülerticket vom Land. Der Rest wird für verschiedene Investitionen verwendet.

Im neuen Verkehrsvertrag ab 2020 möchte das Land die BVG auf ein ambitioniertes Ziel festlegen. Bis 2033 sollen die Altschulden von derzeit noch rund 800 Millionen Euro abgetragen sein und das Leistungsangebot um 7,6 Prozent steigen. Dabei muss das Unternehmen sicherstellen, dass es seine Kosten stets zu 55 Prozent aus eigenen Einnahmen, vor allem also aus dem Verkauf von Tickets, deckt.