Kunden und Geschäftspartner sind das A und O für jeden Vertriebler. Nimmt man ihnen diese, stehen sie regelrecht nackt da. Diese Situation nutzen manche Unternehmen für sich, um Mitarbeiter beispielsweise während Trennungsgesprächen besonders unter Druck zu setzen – etwa weil die Verhandlungen um die Abfindungshöhe gerade ins Stocken gekommen sind. So machte es auch ein Großhändler aus der Maschinenbaubranche, der sich seines langjährigen Vertriebsmanagers entledigen wollte. Der Trick: Während der laufenden Aufhebungsverhandlungen holte der Geschäftsführer schon einen Nachfolger für den Vertriebsmanager ins Unternehmen und stellte diesen selbst frei. Das Recht dazu hatte er nach dem Arbeitsvertrag.

Vorführen und von den Kollegen ausgrenzen

Es kam noch unangenehmer für den Vertriebsprofi: Sein Arbeitgeber behandelte ihn wie einen Kriminellen und führte ihn vor der gesamten Belegschaft vor: Er durfte sein eigenes Büro nur noch ein letztes Mal betreten und das, erniedrigenderweise, unter den Augen der Männer von der Konzernsicherheit. Er musste sofort das Handy und seinen Laptop abgeben, um dann das Firmengelände unverzüglich und auf direktestem Wege zu verlassen.

Solche Schauspiele geschehen regelmäßig vor den Augen der anderen Mitarbeiter und den Kollegen, so dass der Betroffene schon in dem Moment einen massiven Reputationsschaden erleidet. Damit nicht genug: Den Kollegen war es sogar verboten, sich von ihrem Vertriebsmanager zu verabschieden. Von einem Ausstand im Büro mal ganz zu schweigen.

Manche Unternehmen gehen sogar so weit und verbieten ihren Mitarbeitern, ab sofort mit dem Freigestellten weiter Kontakt zu haben. Das ist aber nur zulässig, soweit es die Kommunikationswege des Unternehmens betrifft. Fürs Privatleben ist eine solche Kontaktsperre jedenfalls rechtswidrig.

Abschneiden von Kunden und Geschäftspartnern

Was für Vertriebsleute jedoch das Schlimmste ist: Wenn sie wie der Manager im Beispiel erst einmal von ihren Kunden und Geschäftspartnern abgeschnitten sind, sind sie auch sehr schnell am Markt verbrannt. Mails erreichen sie nicht mehr und bleiben unbeantwortet, Telefonanrufe gehen ins Leere und geben den Geschäftspartnern Rätsel auf. Bekommen die alten Kontakte jedoch sofort einen Nachfolger vom Unternehmen präsentiert, ist der bisherige Ansprechpartner auch schnell vergessen.

So drängen Arbeitgeber Vertriebsmitarbeiter handstreichartig in die Defensive. Denn ihr Pfund, mit dem sie wuchern können auf der Suche nach einem neuen Job – die Kundenkontakte, die Vernetzung in der Branche – schwindet täglich ein bisschen mehr.

Klage auf Weiterbeschäftigung

In diesem Fall aber hat der ausgebootete Vertriebsmitarbeiter die Möglichkeit, den Spieß umzudrehen und das Unternehmen vor sich herzutreiben: Mit einer Klage auf Weiterbeschäftigung und vertragsgemäße Beschäftigung. Denn der Arbeitgeber handelt faktisch rechtswidrig, weil Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, adäquat beschäftigt zu werden. Mit der Klage kann er zumindest entsprechend Druck für die Aufhebungsverhandlungen auf den Arbeitgeber aufbauen. Für ein Unternehmen ist kaum etwas schlimmer, als Mitarbeiter, die durch die Rückkehr des Vertrieblers erkennen, dass sich Gegenwehr bei diesem Arbeitgeber lohnt.

In wenigen Einzelfällen hilft auch eine Eilmaßnahme: eine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung. Hierfür muss der Betroffene aber sehr schnell handeln.

In den meisten Fällen ist so eine einstweilige Verfügung jedoch erfolglos. Der Grund: Gerichte erkennen in solchen Fällen zwar den grundsätzlichen Anspruch, aber nicht die Eilbedürftigkeit an. Die Richter reagieren dann geradezu zynisch: Der Schaden, also der Reputationsverlust, sei schließlich bereits entstanden. Hier bleibt dem Arbeitnehmer nur die Möglichkeit, im sogenannten Hauptsacheverfahren seinen Anspruch gelten zu machen.